Kontaktloses Selbstverteidigungstraining

Die momentane „Corona- Situation“ erfordert, dass ein Kampfkunsttraining, namentlich die Selbstverteidigung, ohne Körperkontakt ablaufen muss. Wir erinnern uns: Kampfkunst ist eine Notwendigkeit – wie kann das also gehen? Das Training mit Abstand ist nicht nur möglich, sondern direkt auch nützlich, um besondere Aspekte der Kampfkunst hervorzuheben. Es kann also zwischenzeitlich sehr förderlich sein!

Der Trainingsfokus kann hierdurch etwas weg von einzelnen Techniken, mehr auf das „Gesamtkörperverhalten“, auf den Umgang mit Druck und Zug und die gute Struktur gelegt werden, sozusagen auf das unabdingbare Fundament der Kampfkunst. Es werden also primär nicht Techniken für bestimmte Verteidigungssituationen trainiert, sondern Prinzipien und Reflexe auf vielfältigste Art und Weise, die sich vorteilhaft auf die Selbstverteidigung aber auch für das Alltagsleben auswirken. Das Ziel der „SKEMA Art“, den ganzen Körper mit seinen Armen und Beinen, Thorax, Atmung, Rumpf, Becken zu stärken und sensitiver zu entwickeln, bleibt dabei bestehen. Er wird damit befähigt, mit sämtlichen Krafteinwirkungen wie „Schlag oder Sturz“ reflexartig umzugehen. Es ist dabei nicht mehr der Arm oder das Bein, das reflexartig reagiert, sondern der ganze Körper.

Nach einer solchen „Körperfeinschliff“-Trainingsphase ist man oft überrascht, welche Fortschritte man gemacht hat! Es lohnt sich also.

Text SKEMA Kampfkunstakademie Schweiz 27.11.2020

Das «Grund-ABC» der Kampfkünste

Es ist uns wichtig, dass alle Menschen, die sich für die Kampfkunst interessieren mit den folgenden Ausführungen einen Kompass, ein «Grund-ABC der Kampfkünste» in die Hand erhalten und sich somit in der Vielzahl der Angebote im weitgefächerten Gebiet der Kampfkünste orientieren können. Suchende können sich ein besseres Bild machen, was für sie persönlich als Kampfkunst in Frage kommt und welche Eigenschaften diese enthalten muss.

Mit diesem Text möchten wir in einer einfachen, für den Laien verständlichen Sprache, die Vielfältigkeit der zahlreichen Kampfkunststile ohne Beeinflussung durch allgemeine Werbung oder Zeitschriften aufzeigen. Das «Richtige» für sich zu finden ist von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel das Alter, Interessensgebiet(e) und körperlichem Zustand (mental, emotional, seelisch) des entsprechenden Menschen abhängig.

Es ist zudem wichtig, wieviel Zeit man selbst zur Verfügung hat oder sich nehmen möchte, also investieren (aufopfern) möchte um sich mit den Erfahrungen und mit dem Training einer der verschiedenen Kampfkunstarten auseinander zu setzen.

Mit diesem kurzen Einblick kann es verständlicher werden, weshalb so viele Kampfkunststile entwickelt wurden, da Menschen Individualisten sind mit einem Herdendrang.

Das Üben der verschiedenen Formen sind wie ein ABC, mit dem Sie Ihre eigenen Wörter schreiben und sich formulieren können (körperlich, emotional, mental und wenn alles zum Besten steht auch seelisch). Somit wäre der Kreis geschlossen.

Für die meisten der öffentlich zugänglichen Kampfkünste ist es unerheblich, ob man weiblich oder männlich ist. Es gibt aber auch tiefgreifende Kung Fu-Stile, wo es eine wesentliche Rolle spielt, ob man Frau oder Mann ist. Doch von diesem Kung Fu möchten wir hier nicht sprechen, da diese Art von Kung Fu strengste Aufsicht während Tag und Nacht durch einen sehr guten Sifu (Lehrer oder Meister) erfordert. Denn hier können Kräfte geweckt werden, die strengste Diät auf allen Ebenen – also körperlich, emotionell, geistig – erfordert.

Wir möchten einige Kampfkunstarten näher vorstellen, die es dem Suchenden erlaubt, seinen normalen Tagesablauf beizubehalten und es ihm trotzdem ermöglicht, verschiedene Faktoren wie zum Beispiel Selbstverteidigung, Selbstsicherheit, Selbstfindung und Volksgesundheit zu befriedigen. Eigentlich können die meisten uns bekannten Kampfkunstarten auf den erwähnten Gebieten eine sehr gute Hilfe sein. Oder anders gesagt, es ist möglich hier auf diverse Ebenen gute Erfolge zu erzielen. Doch man kann nur so viel erwarten, wie man auch bereit ist, an Arbeit, Energie und Fokus zu investieren. Also nochmals: Alle Kampfkunstarten reiten letztlich auf demselben Pferd – nur das Aufsteigen auf das Pferd hat verschiedene Formen.

Nun möchten wir zwei hauptunterschiedliche Gruppen der Kampfkünste kurz beschreiben und versuchen mit möglichst wenig Fachausdrücke auszukommen (Anmerkung: Hierbei ist der Beizug des Vortrages von SiGung Suny Kamay über «Kampfkunst im Alltag» vom 27.10.2020 zu empfehlen):

Die erste Gruppe ist das «Innere System», auch bekannt als «Innere Stile». Die wohl bekanntesten davon sind Tai Chi, Qi Gong, Yoga Pa Kua, Hsing-I, Pencak Silat, Kali Masada etc.

Nicht wenige Menschen meinen, dass alle diese Stile eines gemeinsam haben, nämlich die zarten, anmutigen, leichten und feinen Bewegungen ohne direkte Muskelkontraktionen. Sie sehen Tai Chi als das Synonym der Inneren Stile an. Manche dieser Kampfkunststile haben in der Tat einige Ähnlichkeiten mit dem Aussehen von Tai Chi, was den Anschein macht, dass alle anderen Inneren Kampfkunststile dieser Richtung und Ausführung folgen müssten. Doch dem ist nicht so. Wenn bestimmte Kampfkunstarten wie beispielsweise Kali Masada oder Yang Tai Chi optisch verglichen würden, so könnte nicht angenommen werden, dass diese beide Arten primär das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Kultivierung von «Chi» oder auch «Innere Kraft». Nun möchten wir das mal unter die Lupe nehmen. Wie fühlt sich das an, was häufig als «Chi» oder «Innere Kraft» bezeichnet wird? Ist es etwa das Kribbeln in den Fingern, das Tai Chi-Trainierende in ihren Gruppen verspüren? Oder steckt noch mehr dahinter? Denn auch beim Spazieren durch wunderschöne Gegenden, insbesondere Barfusss mit leicht nach innen gekrallten Fingern stellt sich dieses Kribbeln ebenso ein, was ganz sicher gut und gesund aber nur der Anfang ist.

Wissen Sie was ein Vorschlaghammer ist? Können Sie sich auch vorstellen wie ein Presslufthammer aussieht oder gar funktioniert?

Beim Vorschlaghammer wird die Kraft des Aufpralls durch das Gewicht des Hammerkopfes, die Länge des Hammerstieles, die Geschwindigkeit und den Weg, den der Hammer zurücklegt, bestimmt.

Beim Presslufthammer hingegen liegt der Hammerkopf bereits auf dem zu schlagenden Objekt auf und gibt Schockwellen ab. Es kann keine Bewegung von aussen festgestellt werden. Der Weg, die Grösse und das Gewicht des Hammers ist in der Geräteverschalung nicht zu erkennen. Das Einzige ist das Geräusch eines Aufpralls, den man hören kann.

Nun was hat der Vorschlaghammer mit dem Presslufthammer gemeinsam? Bei beiden sieht man die Wirkung, nämlich das Einrammen eines Pfostens oder das Verformen eines Materials etc. Es ist hier auch das Endziel. Die Inneren Stile sind mit dem Presslufthammer zu vergleichen und die Äusseren Stile sind mit dem Vorschlaghammer zu vergleichen. Das klingt unwahrscheinlich, es entspricht aber der Tatsache (Wahrheit).

Es gibt Innere Stile, wobei man sich fast oder gar nicht bewegt, wenn die Kraft des Presslufthammers entwickelt werden soll. Jeder kann sich vermutlich vorstellen, dass man Jahre oder Jahrzehnte braucht, um dieses Ziel wirklich zu erreichen. Ganz klar sind auf dem Weg dorthin viele wunderbare Vorzüge vorhanden, die eigentlich für viele Menschen der Grund sind, sich diesen Stilen zu widmen, da keine Akrobatik nötig ist. Es kann darum auch mit schlechter, körperlicher Konstitution begonnen werden. Der gesundheitliche und ermunternde Effekt im positiven Sinne ist ganz sicher nicht anzuzweifeln.

Die zweite Gruppe gehört den Äusseren Stilen (Vorschlaghammer) an. Sie sind auf dem sogenannten Sportsektor sehr verbreitet wie zum Beispiel das Tae Kwon Do, Karate, Judo, Thaiboxen, Kickboxen, Boxen und ca. weitere 200 bis 300 verschiedene Kung Fu-Systeme. Auch einige bei uns heimischen Arten wie Ringen, Schwingen, Pancration und viele der mittelalterlichen spanischen oder französischen Fechtkünste gehören in diese Kategorie der Äusseren Stile. Im weiteren ist das französische Savate sowie die englischen, schottischen, französischen und baskischen Kampfkünste mit Stock und/oder Messer sowie das russische Sambo und das japanische Jiu Jitsu als derartige Kampfkunststile bekannt.

Es sind weitere Äusseren Stile vorhanden, die auf extreme Beweglichkeit, Ausdauer und Kraft voraussetzen oder aufgebaut sind. Kurz gesagt, es gehören alle Äusseren Stile dazu, die Akrobatik beinhalten oder voraussetzen. Hauptmerkmale sind Schulung der Flexibilität (über die Körpernatur hinaus) bis manchmal hin zu extremen Balanceübungen und einen Zeitaufwand von ca. 60 % für Formen, Choreographie, Ausdauer und Muskeltraining. Die zur Zeit bekannteste Form ist das moderne chinesische Wushu sowie den nahen Verwandten aus allen alten, klassischen, überlieferten Kung Fu-Stilen, die die Grundlage für dieses moderne, sportliche Wushu bilden. Dieses Wushu ist für Kinder sehr gut geeignet, da überschüssige Energie in guten Bahnen gelenkt werden.

Bei den eindeutigen Äusseren Stile wie Tae Kwon Do, Karate und den Anfängerstufen von Shaolin-Stile gehören laute Schreie dazu. Das sogenannte «Chi» soll so veräusserlicht werden. Diese Schreie der Äusseren Stile sollte nicht mit den lang gezogenen eher leisen Lauten oder Mantras aus dem Qi Gong, Yoga etc. verwechselt werden (verinnerlichte Vibrationen und Schwingungen), die innerliche Reinigungsprozesse bewirken.

Die bekanntesten Stile für diese Äusseren Arten ausserhalb Chinas sind das japanische Oyama-Karate, das Thaiboxen, Krav Maga, das burmesische Bandung, Viet Vo Nham, einige Silat-Stile und ferner einige indische sowie afrikanische Stile. Schwieriger einzugliedern wäre das brasilianische Capoiera. Es ist akrobatischer, religiöser, mystischer und voller Heimtücke. Für das tiefere Ergründen müsste man mehr von Vodoo verstehen. Anstelle von Capoiera könnten Jugendliche ebenso gut Rapdancen oder Hip-Hopen etc.

Zwischen der ersten und zweiten Gruppe, den Inneren und Äusseren Stile, gibt es auch eine sogenannte «graue Zone» wie beispielsweise das Wing Chun Kung Fu und artverwandten Stile wie Jeet Kuen Do etc. Dieser Grauzonenbereich kann man gut in den «3-cm-Fauststössen (Inch Punches)» des Wing Chung Kung Fu oder Jeet Kuen Do sehen, da die volle Schlagkraft auf nur 3 cm Weg aufgebaut und so auf den Gegner geschlagen wird. Diese Grauzone ist auch in den philippinischen, indonesischen, indischen, vietnamesischen und afrikanischen Arten zu sehen.

Im Wing Chun Kung Fu wird Abhärtung ohne zusätzlichen Zeitaufwand als willkommenes Nebenprodukt erzielt wie zum Beispiel beim jahrelangen Training an der Wooden Dummy (ein Holzübungsgerät, das einen Trainingspartner oder einen Gegner darstellt). Die Flexibilität wird durch das Trainieren der Formen, die das Hauptmerkmal auf Entspannung der Muskeln richten, ebenfalls als Nebenprodukt erzielt. Im Wing Chun Kung Fu-System wird mit sogenannten Berührungsreflexen gekämpft, was nur mittels eines entspannten Körpers möglich ist. Reflexübungen dazu sind «Chi Sao» für Arme und «Chi Görk» für Beine. Die Holzpuppe (Wooden Dummy) ist für die Synchronisation, Schnelligkeit, Kraft, Effektivität und Abhärtung erdacht. Beim «Einmannholz» ist das Hauptziel der «Free Flow», also das freie Fliessenlassen der Techniken in Kraft und Anwendung.

Diese «Free Flow»-Übungen kommen auch in den vielen philippinischen, indonesischen und vietnamesischen Kampfkünsten vor. Zudem sind derartige Reflexschulungen auch in indischen und afrikanischen Stilen zu beobachten. Alle uns bekannten Stile hier aufzuzählen würde zu weit führen.

Die Stile beider Gruppen sind in der Urform dazu erdacht, bei extremen Bedingungen zu überleben und sich somit auf allen Ebenen (körperlich, emotional, geistig und seelisch) zu schützen und zu erhalten.

Nun hoffen wir, dass diese Informationen helfen, einen Weg zu finden, der Ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht. Auskünfte erhalten Sie direkt von Menschen, die verschiedene Kampfkunststile praktizieren. Dadurch erhalten Sie weiter tiefere Einblicke über die betreffende Kampfkunstarten. Wir drücken Ihnen die Daumen.

Vortrag von SiGung Suny Kamay, Gründer der SKEMA Kampfkunstakademie Schweiz, hinsichtlich dem Schweizer Kampfkunstfestival 2006 in Frauenfeld
Veröffentlichung aus Archiv am 24.11.2020

Kampfkunst aus Sicht eines Facharztes (Rehamedizin, Sportmedizin und Allgemeinmedizin)

Die älteste Kunst

Wahrscheinlich ist die Kampfkunst die älteste Kunst der Menschheit. Der Mensch als Spezies, die keine Klauen, Hörner, Giftapparate oder Panzerungen besitzt, entwickelte die Fähigkeit zum Gebrauch von Gegenständen. Dies stellte sich als äusserst erfolgreich heraus im Kampf ums Überleben. Raubtiere konnten abgewehrt werden und Hunger konnte man nicht nur durch Sammeln, sondern auch durch Jagen beheben. Ein Speer alleine sicherte jedoch noch nicht das Überleben gegen einen zigfach stärkeren Bären, erst der gekonnte Umgang damit. Die Kunstfertigkeit im Waffengebrauch musste daher beständig weiterentwickelt und an die Nachkommen überliefert werden. Erst nachdem der Mensch sein Leben und dasjenige seiner Sippe einigermassen schützen konnte, hatte er Kapazität, sich anderen Künsten, wie Töpferei oder Höhlenmalerei zuzuwenden.

Zweierlei Antriebe

Alle Gegenstände und Fertigkeiten ermöglichen eine Nutzung zum Guten wie zum Schlechten. Allein der Mensch entscheidet aus welchem Antrieb er sie benutzt. Mit Küchenmesser und Feuer können Mahlzeiten zubereitet aber auch Verletzungen und Brände verursacht werden. Malerei und Schreibkunst können für erhabene Gefühle sorgen, aber ebenso zu demütigenden Karikaturen und verleumdenden Flugblättern führen. Auch die Kampfkunst kann sowohl zum Schutz von anderen als auch zur Durchsetzung seines eigenen Willens eingesetzt werden.

Gewalt

„Schrecklich immer, auch in gerechter Sache, ist Gewalt“ (Reding in Schillers Wilhelm Tell). Gewalt sollte niemals leichtfertig eingesetzt werden. Sie kann jedoch als letzte Möglichkeit notwendig sein. Dazu drei Beispiele:

  1. Ein Bär findet einen Bienenstock und will sich am Honig vergreifen. Er wird von der Biene gestochen.
  2. Gretel schubst die Hexe in den Ofen.
  3. Wilhelm Tell erschiesst den Landvogt Gessler.

Die drei Beispiele haben folgende Gemeinsamkeiten:

  • Die Gewaltanwendung scheint gerechtfertigt, da ihr ein grosses Unrecht voranging und durch die Gewalt noch schlimmeres verhindert werden konnte. Der Bär hätte durch das Rauben der fleissig angesammelten Vorräte das Überleben des Bienenvolkes gefährdet. Die Hexe hätte den gefangenen Hänsel verspiesen. Gessler hätte weitere sadistische Spielchen getrieben in der Weise wie er Tell befahl, auf sein Kind zu schiessen.
  • Die Gewalt wird nicht (nur) zum eigenen Vorteil, sondern zum Schutz von anderen eingesetzt.
  • Der Zweck der Gewaltanwendung rechtfertigt die Mittel, so dass es keine Regel bezüglich sportlicher Fairness gibt. Die Biene verwendet Gift. Niemand erwartet, dass sie sich mit ihren Ärmchen boxend gegen den Bären wehrt. Gretel nutzt eine List und bereitet der Hexe einen äusserst qualvollen Tod durch Verbrennen. Tell schiesst aus dem Hinterhalt. Er wird jedoch als Nationalheld betrachtet.

Im Leben ist es meist komplexer als hier dargestellt. Bei unklarem Sachverhalt kann es auch einmal angebracht sein, in vertretbarem Rahmen einzustecken, um nicht selbst zum Täter zu mutieren. Gewaltloser Widerstand kann bei einem einigermassen zivilisierten Aggressor funktionieren. Dies zeigte die Unabhängigkeitsbewegung Indiens unter der Führung von Mahatma Gandhi.

Die Frage des Stils

Körperliche Unterlegenheit kann durch geistige Raffinesse und Technik wettgemacht werden. Ein realistischer Kampfkunststil darf deshalb nicht durch Regeln eingeschränkt werden. Er funktioniert:

  • unaufgewärmt
  • in jedem Alter (z.B. trotz Hüft- oder Kniearthrose)
  • in jeder Kleidung (Jupe, Stöckelschuhe, Flip-Flops, Masken)
  • in jeder Umgebung (sitzend am Restauranttisch, eingeengt im Lift, auf vereister Strasse)

Die Bewegungen sollten den natürlichen Gegebenheiten des Körpers angepasst sein. Der Mensch vollführt in seinem Alltagsleben unzählige Greifbewegungen. Diese sind vom motorischen Ablauf her verwandt mit einem Faustschlag, bei dem ebenfalls der Arm nach vorne gestreckt wird. Ein Fusstritt ist bezüglich der Motorik um einiges anders als ein normaler Schritt und daher weniger der menschlichen Anatomie entsprechend. Zudem limitieren die klimatischen Gegebenheiten in unseren Breitengraden, mit häufig nassen und glitschigen Strassen, die erfolgreiche Ausführung eines akrobatischen Fusstritts. Kritisch hinterfragen sollte man auch Stile, bei denen mit nur einem Gegner minutenlang auf dem Boden gekämpft wird. Meist greifen mehrere zusammen einen einzelnen an. Wenn man nur mit einem von denen am Boden kämpft, wird man von den anderen getreten. Überdies liegen an konfliktreichen Orten oft Scherben am Boden.

Es sind nicht alle äusseren Kampfkunststile der körperlichen Gesunderhaltung zuträglich. Einige benutzen überaus harte Spannung, andere erzeugen durch Werfen und Fallen Verschleisserscheinungen an der Wirbelsäule und dritte zeichnen sich aus durch Abhärtungsübungen, die längerfristige Abnützungsschäden zur Folge haben. Die Praktizierbarkeit im Alter sollte jeweils kritisch hinterfragt werden. Es ist nicht nützlich, sich in den jungen Jahren behaupten zu können, während man dies im Alter wegen der Gesundheitsschäden, die man sich durch die Kampfkunst eingehandelt hat, nicht mehr kann.

Das Üben

Auf dem chinesischen Weg der Kampfkunstausbildung erlernt der Schüler erst waffenlose Techniken und wird zuletzt noch in Techniken mit Waffen unterwiesen. Bei den philippinischen Kampfkünsten wird meist erst mit einem Stock das Kämpfen erlernt. Der Stock steht dabei als Prinzip für alle irgendwie verfügbaren Gegenstände, die im Alltag immer in Griffweite sind. Das sind beispielsweise Regenschirm, Küchenmesser, Kugelschreiber oder Flasche. Wenn der Schüler dies gemeistert hat, lernt er auch, sich ohne Waffe zur Wehr zu setzen.

Wichtig ist das Miteinander statt Gegeneinander. Es verhält sich wie beim Paartanz. Wenn beide Tanzpartner miteinander kooperieren, wird der einzelne für sich besser. Arbeiten sie jedoch gegeneinander, gibt es keinen Fortschritt, weil sie sich in ihrem Lernprozess fortwährend behindern. Kooperation und Selbstlosigkeit ist etwas, was unserer wetteifernden, individualbetonten westlichen Mentalität auf Anhieb eher schwer fällt. Aber nur indem man den Übungspartner als Widerstand zum Selbstentdecken des eigenen Körpers sieht, lernt man. Falls beide im anderen nur ein Objekt zum Besiegen und damit zum Aufpolieren ihres Egos sehen, ist kein Lernprozess möglich. Durch das gegenseitige Geben eines realistischen und wohlwollenden Widerstandes meistern beide allmählich ihren Körper und ihre Ängste.

Gerade in Zeiten von Pandemien («Corona-Jahr 2020») werden die in der SKEMA Kampfkunstakademie entwickelten «Long Pole»-Anwendungen gegenüber Leerhandtechniken oder -bewegungen in einem kontaktlosen Selbstverteidigungsprogramm ausgestaltet. Die SKEMA folgt weiter seinem Prinzip einer vereinenden Kampfkunstart, die der stetigen Forschung, Lehre und Wandlung gerecht werden soll.

Innere Stile für körperliche Gesundheit

Der Stärkste kann von einem simplen Grippevirus kampfunfähig gemacht werden. Aus diesem Grund ging es in der Kampfkunst seit jeher auch um die Gesundheit. Nur wer nicht erkrankt ist, kann kämpfen. Das noch in der Antike vorhandene Wissen über die Körperkultur wurde während dem Mittelalter im Osten erhalten. So sind zum Beispiel in der traditionellen indischen und auch chinesischen Medizin zahlreiche Übungen wie Yoga, Qi Gong und Tai Chi zur Gesunderhaltung des Körpers beschrieben. Diese werden seit Jahrhunderten von vielen Menschen erfolgreich praktiziert. Statt gegen einen äusseren Gegner wird gegen Feinde im eigenen Körper, wie Bakterien oder Viren, gekämpft. Da der Kampf im Inneren stattfindet und von aussen nicht sichtbar ist, werden sie als innere Stile bezeichnet. Die Entwicklung von inneren und äusseren Stilen konnte in beide Richtungen erfolgen: Beim Shaolin-Kung-Fu wurden Bewegungen, die ursprünglich als innerer Stil gymnastisch waren, modifiziert zur Selbstverteidigung. Beim Tai Chi wurde eine äussere Kampfkunst umgestaltet, so dass fast nur noch «gymnastische» Aspekte übrig blieben.

Der Kampf mit sich selbst

Der Kampfkünstler setzt sich mit Kräften auseinander, die unmittelbar auf seinen Körper ausgeübt werden. Durch das Üben realisiert er mit der Zeit, dass dies vom Erleben her vergleichbar ist mit Kräften, die vom Alltagsleben auf ihn einwirken:

  • Ein hektischer Arbeitsalltag löst Angst aus zu versagen. Man fühlt sich in die Enge getrieben und gestresst. Dies ist wie im Training, wenn Fäuste auf einen hereinprasseln. Durch Üben erlernt man, diese Fäuste abzuwehren. Die Fäuste verlieren ihre erschreckende Wirkung. Man gewinnt das Vertrauen, dass alles auf einen hereinprasselnde – ob Faust oder Alltagsproblem – abgeschwächt oder abgelenkt werden kann.
  • Eine Meinungsverschiedenheit mit einem Kollegen löst Ärger aus. Dies ist zu vergleichen, wie wenn man im Training mal einen Magenbox einstecken muss. Die Emotion Ärger wurde im Training mit dem Reaktionsmuster verknüpft, dass man dem anderen trotz Schmerz und Ärger verzeiht im Wissen, dass er es kaum absichtlich gemacht hat, und dass Einstecken halt auch mal möglich ist, ohne etwas zu verlieren.

So ermöglicht das Meistern der Prinzipien gegen mechanisch spürbare Kräfte zunehmend eine Übertragung gegen die weniger greifbaren Kräfte der Alltagsprobleme. In einem dritten Entwicklungsschritt folgt das Realisieren, dass man selbst sein grösster Gegner ist. Die Kampfkunst wird dann im Wissen weiterbetrieben, dass der vom Training resultierende Umgang mit mechanischen Kräften sich auch übertragen lässt auf die im eigenen inneren tobenden Gefühlskämpfe.

Text von Dr. med. Emanuel Steinhauer (Hauptfassung vom 25.05.2013, Anpassung am 10.11.2020)
Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, für Sportmedizin und Rehamedizin
Vizepräsident des Fördervereins SKEMA

Der Atem ist die Brücke zwischen Körper, Geist und Emotionen – alles spielt sich in dir ab.

Warum legen wir soviel Wert auf die Atmung? Die Atmung ist das verbindende Glied zwischen Körper, Geist und Emotionen. Sie wird von allen beeinflusst, kann aber auch auf alles Einfluss nehmen. Alle alten ernsthaften Kampfkünste beinhalten immer auch innere Arbeit und somit stets auch Methoden der Atmung. Um ein guter Kampfkünstler zu sein, musst du jeden Muskel deines Körpers unter Kontrolle haben, musst ihn fühlen, ihn benutzen können. Du musst mit jedem Teil von dir Kontakt in kommen – das gelingt über den Atem. Der Weg ist es, sämtliche Techniken/Methoden aus den Kampfkünsten direkt im Alltag für dich nutzbar zu machen, so dass du bei jeder Tätigkeit bei jeder Bewegung und Gelegenheit die Kampfkunst trainieren und ihre Wirkung nutzen kannst.

Ist der Kontakt vorhanden, kannst du dich als ganzen Menschen wahrnehmen und fühlen. Erst so kannst du dein volles Potenzial entwickeln und zwar nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf emotionaler und mentaler Ebene. Erst wenn du dich frei fühlst, frei atmen kannst, wirst du Freude erleben und deine Gedanken werden entsprechend andere sein! Siehe, wenn du eine Emotion hast, hat das auch Einfluss auf deine Atmung und die Spannung in verschiedenen Muskeln. Erschrickst du zum Beispiel, kommt dein Atmen ins Stocken und dein Zwerchfell und deine Nackenmuskeln verspannen sich. Die Sauerstoffzufuhr und der Blutfluss in den Muskeln werden vermindert, welche damit Energie zum Kopf leitet. Hält dies länger an, ohne dass du die Spannungen neutralisieren kannst, setzt das Muskelerinnerungsvermögen ein und die Verspannungen werden chronisch, die Emotion an sich merkst du nicht mehr. Da dies unangenehm ist, flüchten Personen oft vor unangenehmen Situationen oder lenken sich mannigfaltig ab, damit gar keine Emotion mehr aufkommen kann.

Nun, da wir in der jetzigen Situation («Coronazeit») alle dicht zusammen zu Hause sind, kann es rasch zu Emotionen kommen, auch weil wir den Umständen nicht entfliehen können. Wir sollten darin aber eine Chance sehen, um uns zu überlegen, wieso wir denn soviel Ablenkung brauchen. Die Familie und das zu Hause sollte ein Ort sein, an dem wir uns wohlfühlen. Wir sollten daran arbeiten und so auch innerlich näher zusammenrücken. Vielleicht sehen wir, dass viele eventuell kostspielige Ausflüchte gar nicht mehr wichtig sind.

Werden länger bestehende Verspannungen bearbeitet, durch dich selbst oder beispielsweise durch einen guten Masseur, können die gespeicherten Emotionen wieder zum Vorschein kommen und du musst sie verarbeiten, beziehungsweise neutralisieren. So kann es zum Beispiel sein, dass ein traumatisches Erlebnis nochmals durchlebt wird. So kannst du aber nach und nach dein Unterbewusstsein/ Körper reinigen. Falls du dies jedoch weiter verdrängst und die Verspannungen nicht gelöst werden, kommt es unter Umständen zu immer stärkerer Einengung deiner Atmung. Du fühlst dann zwar die unangenehme Emotion nicht mehr, schliesst dich aber eben auch von allem Positivem ab. Mit anderen Worten, du kannst dich selbst gar nicht mehr leben. Gut sieht man das zum Beispiel beim Singen: Damit die Stimme voll und kräftig ist und allen Feinheiten Ausdruck verleihen kann, müssen alle Muskeln im «Orchester» richtig mitspielen, ansonsten kann sich die Stimme nicht voll entfalten.

Ein jeder macht emotional Erlebnisse durch, die sich teils auch im Körper festsetzen. Doch mit den speziellen Übungen kannst du dich von diesem Spannungspanzer wieder befreien und die Energie neutralisieren. Mehr noch: Wenn du regelmässig übst und ein gutes Gefühl für deinen Körper erlangst, kannst du Stressfaktoren mit der Zeit schon neutralisieren, bevor sie sich festsetzen können. Je mehr du übst, desto grösser wird dein Polster – das Kapital an Stressresistenz erhöht sich. Das ist das Wesen der «Martial Art». Überlege dir: Was haben Krieger leisten müssen, um zu überleben, als sie einander Auge in Auge gegenüberstanden? Alles ist in uns drin und nur bedingt von äusseren Faktoren abhängig. Du siehst, Kampfkunst geht nicht ohne Energie und Energie nicht ohne Atmung. Im SKEMA-Trainingsprogramm ist es die Atmung, die alles verbindet, sie wird sich wie ein rotes Band durch alle Programme ziehen, du nimmst also immer etwas an Energie und an Selbstverteidigung in den Alltag mit – egal welches Programm du trainierst.

Vortrag von Si Gung Suny Kamay
Verfasst von Lehrern der SKEMA

Wing Chun Kung Fu

Wing Chun Kung Fu ist eine Kampfkunst, die auf eine sehr effiziente Selbstverteidigung zielt. Dabei lernt der Schüler im Wing Chun Kung Fu – ganz unabhängig von seiner Statur, Geschlecht oder Alter – sich gegen einen oder mehrere Angreifer in Alltagssituationen zu behaupten.

Durch den bewussten Verzicht auf jegliche akrobatischen Elemente ist Wing Chun Kung Fu bis ins hohe Alter praktizierbar. Der Praktizierende benötigt für seine Selbstverteidigung weder rohe Kraft noch übermässige Kondition. Zur Selbstverteidigung wird sein Unterkörper wie Fusstritte, Kniestosse ebenso systematisch eingesetzt wie der Oberkörper mit seinen Faustschlägen, Handflächenstossen und Ellenbogen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Angreifer körperlich überlegen ist.

Die erste Form «Siu Lim Tao»

Das Wing Chun Kung Fu basiert auf drei waffenlosen Formen: Siu Lim Tao, Chium Kyu und Bju Tse. In der ersten Form (Siu Lim Tao – «kleine Idee») werden die Prinzipien und grundsätzliche Techniken der Selbstverteidigung vermittelt. Das Prinzip der Zentrallinie, das Prinzip der Gleichzeitigkeit sowie Techniken wie Würg- und Handbefreiungen, Kickabwehr und Handtechniken. Durch weitere spezifische Partner- oder Gruppentrainings wird der gezielte oder spontane Beizug aus der Umgebung für die Selbstverteidigung und die Orientierung im Raum gegen mehrere Angreifer in Innen- oder Aussenräumen trainiert.

Die zweite Form «Chium Kyu»

In der zweiten Form (Chium Kyu – «Brückenhand») finden Ellenbogen und die typischen Wing Chun- Fusstritte ihre Anwendung, jeweils kombiniert mit einem Vorwärts- oder Ausfallschritt und dem Bewegen um die Kraft des Angreifers. Der Verteidiger wartet nicht mehr auf die volle Ausführung des Angriffes, sondern wirkt dem Angriff entgegen («Brücke»), die Distanz für die Selbstverteidigung wird kleiner.

Die dritte Form «Bju Tse»

In der dritten Form (Bju Tse – «stechende Finger») verteidigt sich der Praktizierende auf engstem Raum, er wird nun befähigt, Kraft für seine Kontertechniken über kürzeste Distanzen zu mobilisieren, ein Beispiel dafür ist der «one-inch-punch». Die Fatalität der Kampfkunst wird ihm ganz gewiss.

«Herzstück»

Im Chi Sao («klebende Hände»), welches als «Herzstück» des Wing Chun-Systems bezeichnet werden kann, verschmelzen alle erlernten Techniken. Die Sensorik wird geschärft und Reflexe vertieft. Trainiert werden anfänglich einzelne Zyklen. Durch die weiteren Steigerungsformen mittels «push and pull»-Impulsen wird der Schüler letztlich befähigt, frei und losgelöst von Formen auf die Einwirkungen jederzeit zu reagieren. Der Verteidiger orientiert sich an die erlernten Prinzipien und verliert nie den Kontakt zum Angreifer. Während im klassischen Wing Chun Kung Fu die Reflexe an Händen («Chi Sao) und an Beinen (Chi Görk») antrainiert werden, überträgt die SKEMA dieses «Herzstück» auf den ganzen Körper. Dabei entwickelt die SKEMA in ihrer Art ein System der Abhärtung in Form von Entspannung, das heisst, sie entwickelt Pufferzonen, welche den Trainierenden vor Gewalteinwirkungen (ob Sturz oder Schlag) schützen, vergleichbar einem Airbag. Wenn der Körper reflexartig auf die Impulse reagiert und damit einen Körper entwickelt, der permanent «atmet», kann so reagiert werden, wie die Reaktion bei einem Kontakt mit einer heissen Herdplatte – nämlich blitzschnell, instinktiv, reflexartig – und das nicht nur über die Arme, sondern eben über den ganzen Körper.

Holzpuppenform

In der «Holzpuppenform» werden alle Techniken auf ihre Effizienz trainiert, das «Winkelsystem» zusätzlich vertieft. Die beiden Waffenformen «Langstock» und «Schmetterlingsmesser» runden das Wing Chun Kung Fu als komplettes Selbstverteidigungssystem ab. Für die alltagstaugliche und direkte Anwendung von Waffentechniken schult die SKEMA zeitgleich den Aufbau der Stockkampfkunst (Umgang mit Zertrümmerungswaffen) und der Messerkampfkunst (Umgang mit Stich- und Slidewaffen).

Die Prinzipien wirksamer Selbstverteidigung bleiben dieselben. Das System der SKEMA Selbstverteidigung verzichtet auf fixe Abläufe. Das Wing Chun Kung Fu wird zuerst auf ihre Mechanik, ihre Ausführung/Präzision trainiert bis sie über ihre Wiederholungen zum Gefühl des Praktizierenden werden. Diese bleiben als Reflexe jederzeit verfügbar und ermöglichen dem Trainierenden, auf alle Angriffe spontan und sicher zu reagieren.

Die Notwendigkeit eines Lehrers und der Service im Raum

Wing Chun Kung Fu kann jederzeit und überall trainiert werden. Die Notwendigkeit eines erfahrenen Lehrers (Si Hing, Si Suk, Si Fu, Si Gung) ist unerlässlich. Die Instruktoren der SKEMA Kampfkunstakademie haben alle im Wing Chun Kung Fu-System graduiert und blicken mindestens auf eine über 20jährige Kampfkunststudium (bis 40jährige Studium) zurück, welche noch immer von SiGung Suny Kamay (Gründer der SKEMA Kampfkunstkunstakademie Schweiz) begleitet werden. «Lernen um zu lehren oder give and receive» begleitet die SKEMA und ihre Kampfkunstart.

Ihre Kampfkunstschulen sind geeignet dafür eingerichtet. Mit Spiegeln für die «Selbstkorrektur», die Holzpuppen zur «Effektivitätssteigerung» der Techniken und die von der Akademie selbst entwickelten Matten für den Bodenkampf stellen in den eigenen Räumen den passenden Rahmen.

Selbstverteidigung nach der angewandten «Skema-Methode»

Das Kung Fu-Training (zur Befähigung der eigenen Selbstverteidigung) beginnt mit spezifischen Körper- und Atemübungen, um den einseitigen Berufs- und Alltagsbelastungen entgegen zu wirken. Im Alltag mangelt es uns zusätzlich an Gelenksbewegungen über den vollen Bewegungsumfang, welche unsere körperliche Mobilität zunehmend einschränkt. Zudem werden durch Atem- und Muskelentspannungstechniken die Selbstwahrnehmung optimiert und Stress abgebaut.

Ein technischer Kräftigungsteil regt den Herzkreislauf an und stärkt die tiefliegende Haltemuskulatur. Zugleich werden gezielt jene Muskeln entwickelt, welche den Alltag erleichtern und zur effektiven Selbstverteidigung notwendig sind.

Die Basis der Selbstverteidigung nach der Skema-Methode bilden die drei Formen aus dem Wing Chun System. Nach dem „mechanischen“ Erlernen der Techniken und der Körperstatik wird das Empfinden für die biomechanischen Abläufe im Körper eingestellt und die blitzschnellen sensomotorischen Reflexe, welche direkt über das Rückenmark beantwortet werden, geschult. So wie sich das Hören und Riechen eines blinden Menschen um ein x-faches verfeinern kann, entwickelt der Kung Fu-Praktizierende eine ausgeprägte Sensorik im ganzen Körper. Jedes Körperteil kann im Kampf eingesetzt werden, wenn dazu ein Gefühl und eine Kontrolle entwickelt wurde.

So wie die Balance beim Fahrradfahren stellt sich durch das intensive Partnertraining ein Gefühl für einen Angriff ein. Entgegen dem abgestuftem Körper des Kampfsportlers reagiert man im Kung Fu auf Druck- und Zugkräfte mittels einer geschärften Sensorik. Somit ist es das gegenteilige von blinder Gewalt. Es braucht viel mehr einen Körper, der mit seiner Umwelt in Beziehung steht, da die Gefahr auf der Strasse unmittelbar erfühlt werden muss, während im Ring klare und faire Bedingungen wie Geschlecht, Alter, Regeln etc. gelten. Eine «Massen-Keilerei» bedingt eine gänzlich andere Wahrnehmung. Solche Situationen werden praktisch geschult. Mit zunehmendem Training wird die Wahrnehmung seines Selbst und der Umwelt verfeinert.

Die SKEMA Kampfkunstakademie verfolgt das Prinzip der stetigen Wandlung. So mussten sich früher Menschen unteranderem gegen wilde Tiere verteidigen. Dies ist in der modernen Zivilisation zum Glück nicht mehr der Fall. Heutzutage ist der Mensch mit Stress und psychischen Ängsten konfrontiert. Da ein Kampfkünstler aus der Not durch die Konfrontation im Kampf um Leben und Tot gelernt hat mit Angst und Stress umzugehen, hat er Wege und Systeme zum Umgang mit diesen Symptomen entwickelt, welche sich auf die heutigen Herausforderungen im Alltag übertragen lassen – Kampfkunst im täglichen Leben!

Text von Marcel Haas 11.09.2020 (dipl. Skema-Instruktor und Schulleiter Skema-Kampfkunstschule St. Gallen Ost, med. Masseur mit eidg. FA, dipl. Kieser Instruktor SAFS).

Die kleine Idee der Energie, die ich selbst auf einfache Weise beeinflussen kann

Brief von Si Gung Suny Kamay

Wir sprechen hier nicht von den Höchst-Energien, die einen spirituellen, mystischen, religiös bezogenen Hindergrund haben. Doch wenn du lernst, die kleineren Energien unter Kontrolle zu haben, ist die Möglichkeit sehr gross, dass du Zugang zu den höheren Energien bekommst. Also lass uns mit dem beginnen, was wir direkt beeinflussen können. Auch hier bei diesen einfachen Energieformen werden wir nicht in die Details gehen, da dein Denkapparat sonst in die falsche Richtung geht und du den Nutzen aus diesen einfachen Sachen nicht ziehen kannst.

Die erste Energieform ist die Atmung, um unser körperliches Leben zu erhalten. Atmung und Kontrolle des Atems ist eine Wissenschaft für sich, die den Rahmen eines Buches grösser als die Bibel sprengen würde. Ein Menschenleben ist nicht genug, um alle Schattierungen des Atems kennenzulernen, selbst wenn du dich täglich 24 Stunden damit beschäftigen würdest. Ebenfalls birgt sie Gefahren. Doch einige einfache Hilfsmittel des Atems werden wir im Training einführen, da sich durch Erfahrung gezeigt hat, dass der direkte Nutzen daraus relativ gross ist, sich die Gefahren jedoch praktisch auf Null reduzieren.

Die zweite Energieform betrifft die Nahrung. In Wirklichkeit nehmen wir durch Festnahrung Sonnenenergie in uns auf. Alle ernährungswissenschaftlichen Fakten können einen grossen Nutzen haben, wenn man sie ausprobiert. Doch jeder Mensch ist verschieden. Darum haben wir kein festes System. Wir vertreten keine Richtung veganer, vegetarischer oder tierischer Ernährung, da die Nahrung von geografischen Gegebenheiten und deinen Bedürfnissen abhängig ist.

Die dritte Energieform ist die Bewegung, also die Art und Weise wie wir unseren Körper benutzen. Die ist ebenfalls vom Umfeld und den geografisch-kulturellen Einflüssen abhängig, in die wir geboren werden. Ein Beispiel: Es ist vermutlich jedem klar, dass es wenig Sinn macht, sich als Eskimo nackt auszuziehen und auf einer Eisscholle einen perfekten Lotussitz zu praktizieren. Davon kann ich ableiten, dass bestimmte Trainingsformen, die in (Süd-)Indien entwickelt wurden und für den Inder einen bestimmten Nutzen haben, nicht eins zu eins vom Eskimo übernommen werden können. Das einzig Wichtige an der Bewegung ist, dass sie ohne Ambition erfolgt – Leistungssport ist energievernichtend.

Wenn Körperbewegungen im normalen Ablauf des Lebens zu Behinderungen führen, muss Stagnation der Energie vorliegen. Dies drückt sich z. B. durch Muskelverspannungen oder -verhärtungen aus. Diese haben ein grosses Spektrum an Ursachen und Einflüssen. Sie reichen vom einfachen Muskelkater, den jeder kennt, bis zu Einflüssen psychischen Ursprungs. Muskelkater entsteht durch neue, ungewohnte Bewegungen, die uns aus verschiedensten Gründen aufgezwungen werden oder durch bekannte Bewegungsabläufe, die jedoch von der Belastungsintensität eine Herausforderung für unseren Bewegungsapparat darstellen. Das Endresultat ist Übersäuerung und Muskelkater. Die psychischen Ursachen von Muskelverspannungen entstehen durch Stress jeglicher Art und sind tausendfach gelagert. Ein paar Beispiele sind latente Aggression, Gross und Wut, die nicht als Reaktion nach aussen gezeigt werden dürfen. Die emotionellen Frustrationen in ihren tausendfachen Schattierungen haben im Grunde genommen alle einen gemeinsamen Ursprung. Furcht.

Echtes Chi Kung löst diese Energiestagnationen auf. Es muss dazu gezielte Bewegung oder Nicht-Bewegung in Kombination mit Atmung beinhalten, denn Atmung ist die Brücke zwischen Geist und Körper. Die Übungen kannst du an dir selbst und ohne Trainingspartner vollziehen. Wenn du einen Trainingspartner zur Verfügung hast, ist eine korrekte Massage mit Atmung kombiniert eine wunderbare Übung, um diese Blockaden frei zu bringen. Die Massage ist auch als Selbstmassage ausführbar, hat aber den Nachteil, dass nicht alle Körperteile gut erreicht werden können, insbesondere wenn dort Blockaden bestehen (z. B. Rücken). Zu dem hindert oft Selbstmitleid die erforderliche Massageintensität.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass chronische Verspannungen aufgrund von Furcht entstehen und aus Selbstmitleid bestehen bleiben. Durch das Üben können deshalb auch verschiedene Affektionen wie Trauer, Wut, Verzweiflung oder Aggression ausbrechen. Dabei hast du oft gar keinen Bezug mehr zu den auslösenden Faktoren, da du sie komplett verdrängt hast. Wenn sich Blockaden durch oben genannte Übungen auflösen, werden Energien frei, deinen Körper wieder aufrichten, deinem Denkapparat Ruhe verschaffen und dich befähigen, deinen Körper wieder in Freude zu bewegen, zum Beispiel beim Treppensteigen, vom Stuhl aufstehen oder beim Tanzen. Auch über dieses dritte Kapitel könnte man ein ganzes Buch schreiben.

Die vierte Energieform ist die Atmosphäre, und zwar von dem Moment an, wo dein Körper wieder beweglich und flexibel wird und du alle Gelenke ohne Hindernis bewegen kannst. So kannst du aus dieser vierten Energieform, die wir im folgenden kurz ausleuchten, einen grossen Nutzen ziehen. Sie ist die Atmosphäre um dich herum ist, sowie all derer, die sich mit dir im gleichen Milieu bewegen. Wie kannst du aus dieser Energie den grössten Nutzen ziehen? Auch dieses Gebiet füllt Bücher. Einige kurze Themen werden wir aber stichwortartig aufführen, welche dir vielleicht einleuchten werden.

Um aus dieser vierten Energieform den grössten Nutzen zu ziehen sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Ein wichtiger Faktor ist der Typ von Mensch, den du im Augenblick bist. Wir unterscheiden zum Beispiel nach dem Alter: In jedem Alter verändert sich das Empfinden, Erleben und Wahrnehmen derselben Situation. Oder spielst du heute als Erwachsener noch mit Puppen wie du es als Kind getan hast? Oder übt Lego noch dieselbe Faszination auf dich aus wie damals als du noch ein Bub warst? Die Faszination eines Elternteils, das mit seinen Kindern spielt, ist sicherlich eine andere. Diese Hinweise dürften genügen, auch wenn hier sicherlich auch wieder ein Buch gefüllt werden könnte.

Weiter müssen verschiedene Charaktertypen unterschieden werden, die ich der Einfachheit halber der Psychologie entnehme: Der introvertierte und der extrovertierte Charakter. Doch wenn du auch da wieder wirklich in dich hineinfühlst und die durch korrekte Übung und Massage hervorgerufenen Veränderungen wahrnimmst, wirst du sehen, dass es diese zwei Typen im Grunde genommen so gar nicht gibt. Diese Qualitäten vermischen sich vielmehr wie Farbe, die ein Maler in seinem Malkasten zusammenmischt in jeglicher Schattierung. Grob gesagt fühlt sich jedoch ein extrovertierter Mensch in einer Grossstadt wohl und kann dort mitten unter den Menschen die Energie zu sich nehmen, die er braucht um seine Blockaden zu lösen. Ein introvertierter Mensch wird sich dort nicht unbedingt wohlfühlen. Er sucht ruhige See, Berge, Wald oder Waldlichtungen auf und findet dort einen Ort, wo er sich regenerieren kann.

Neben persönlichen Neigungen und Vorlieben kommen jedoch auch unveränderbare –  vom Schöpfer gegebene Umstände dazu – die das Chi, Prama, Od, Kraft, Lebenskraft in ihrem Verhalten beeinflussen. Die Wissenschaft hat sich lange gegen das Vorhandensein solcher Umstände gesträubt, musste schliesslich aber doch einsehen, dass die alten Meister seit tausenden von Jahren die Wahrheit gesprochen haben. Auf Grundlage ihres Wissens wurden heute Maschinen konstruiert, um den Menschen in widrigen Umständen überleben zu lassen. In der Raumfahrt zum Beispiel wurden sie zur Voraussetzung um ein längeres Überleben im Weltall überhaupt zu ermöglichen. Zu Beginn musste schmerzlich erfahren werden, welche Schwingungen abgeben, ähnlich derer welche uns die Mutter Erde zur Verfügung stellt. Erste Erfahrungen damit machte die russische Raumforschung, als Juri Gagarin als erster Mensch in seiner Raumkapsel etliche Male die Erde umrunden konnte, da diese Strahlung künstlich erzeugt werden konnte. Später wurde diese Technik von anderen Nationen kopiert.

Ein dir vielleicht näher liegendes Beispiel, das dasselbe Thema beleuchtet, betrifft die verbreiteten Ermüdungserscheinungen speziell in Büroanlagen. Sie rühren daher, dass sich zu viele negative Ionen abnutzen und zu Positiven werden. Bereits hat sich eine ganze Industrie auf dieses Thema spezialisiert. Doch dieses Thema ist noch viel grösser und beschränkt sich nicht auf Ionen alleine. Die Lebenskraft, die wir Chi oder Od nennen, umfasst in ihrer Gesamtheit 1 Million mehr Faktoren als die der Ionen alleine. Zum Beispiel reicht Luftverschmutzung von der chemisch-physikalischen bis zur gedanklichen und emotionellen Luftverschmutzung, welche vor allem vom Menschen selbst in grossem Masse betrieben wird. Als ursächliche Beispiele seien hier Habgier, Gier, Wut, Eifersucht und Aggression aufgeführt.

Diese Faktoren beeinflussen die Atemluft und somit das zum Leben nötige Prana / Chi in enormen Mass. Daher ist es wichtig, wo man lebt. In den Bergen fühlst du dich anders als im Tal und in der Stadt. Die Wissenschaft behauptet, dass es an der Luftverschmutzung liegt, wie sie chemisch-physikalisch gesehen werden kann. Dies tritt zum Teil zu, ist aber nicht die Hauptursache. Diese liegt darin, dass das negative Gedankengut der Menschen nicht aufsteigen kann, sondern sich eher wie CO2 verhält und sinkt. Die Wissenschaft glaubt heute, dass in den Bergen die negativen Ionen in grösserer Konzentration vorliegen. Ein SKEMA Martial Arts Mann oder ein anderer energetisch geschulter Mensch merkt jedoch schnell, dass dies nicht stimmen kann. Die höchsten Konzentrationen an negativen Ionen findest du nicht in den Bergen, nicht im Dorf und auch nicht in der Stadt. Jetzt denkst du, vielleicht im Wald? Dort ist sie auch nicht am höchsten. Doch es gibt eine andere Energieform im Wald, die sogenannte Globale, welche dem Wald überhaupt Wachstum ermöglichen, die uns jedoch nicht direkt zugänglich sind. Natürlich gibt es im Wald weitere positive Faktoren. Die höchsten Konzentrationen an negativen Ionen – um beim Thema zu bleiben – findest du in grossen Flächen, die nicht überbaut sind (dort wo zum Beispiel der Bauer seinen Acker pflügt), in ebenen Wüsten und bei grossen Wasserfällen oder Wasserverwirbelungen. Auch dieses Thema kann ein ganzes Buch füllen.

Die fünfte Energieform ist der Missbrauch. Ein einfaches Beispiel hierfür sind unbewusste unkontrollierte Bewegungen, welche aus psychologischen Gründen entstehen. Zittern mit den Beinen aus Langeweile oder Nervosität oder Bewegungen mit den Fingern, wenn du ungeduldig bist. Wenn du diese Bewegungen unter Kontrolle bringst, wird diese Energie für dich nutzbar.

Echte Kampfkunst bezieht all diese Faktoren von Energie mit ein. So kreieren Stressminderung und Furchtbewältigung durch Flexibilisierung des Körpers, Atmung, Massage und die passende Umwelt ein neues Leben und Empfinden. Mit der Veränderung deines psychischen Verhaltens ändert sich auch dein Konfliktverhalten. Du wirst fähig, auf eine instinktive Art zu reagieren, so dass grössere Schäden verhindert werden, sei es wenn du dich verbal oder körperlich verteidigen musst oder auch im normalen Alltag beim Ausrutschen auf einer Eisscholle oder bei einem Autounfall. Das jahrelange Üben des Umgangs mit den erwähnten Energieformen führt zu dem, was wir den SKEMA-Body nennen und wofür die SKEMA steht: Volksgesundheit oder die drei «S» für Selbstverteidigung, Selbstsicherheit und Selbstmeisterung. Alter spielt keine Rolle, die Prinzipien bleiben dieselben.