Der Atem ist die Brücke zwischen Körper, Geist und Emotionen – alles spielt sich in dir ab.

Warum legen wir soviel Wert auf die Atmung? Die Atmung ist das verbindende Glied zwischen Körper, Geist und Emotionen. Sie wird von allen beeinflusst, kann aber auch auf alles Einfluss nehmen. Alle alten ernsthaften Kampfkünste beinhalten immer auch innere Arbeit und somit stets auch Methoden der Atmung. Um ein guter Kampfkünstler zu sein, musst du jeden Muskel deines Körpers unter Kontrolle haben, musst ihn fühlen, ihn benutzen können. Du musst mit jedem Teil von dir Kontakt in kommen – das gelingt über den Atem. Der Weg ist es, sämtliche Techniken/Methoden aus den Kampfkünsten direkt im Alltag für dich nutzbar zu machen, so dass du bei jeder Tätigkeit bei jeder Bewegung und Gelegenheit die Kampfkunst trainieren und ihre Wirkung nutzen kannst.

Ist der Kontakt vorhanden, kannst du dich als ganzen Menschen wahrnehmen und fühlen. Erst so kannst du dein volles Potenzial entwickeln und zwar nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf emotionaler und mentaler Ebene. Erst wenn du dich frei fühlst, frei atmen kannst, wirst du Freude erleben und deine Gedanken werden entsprechend andere sein! Siehe, wenn du eine Emotion hast, hat das auch Einfluss auf deine Atmung und die Spannung in verschiedenen Muskeln. Erschrickst du zum Beispiel, kommt dein Atmen ins Stocken und dein Zwerchfell und deine Nackenmuskeln verspannen sich. Die Sauerstoffzufuhr und der Blutfluss in den Muskeln werden vermindert, welche damit Energie zum Kopf leitet. Hält dies länger an, ohne dass du die Spannungen neutralisieren kannst, setzt das Muskelerinnerungsvermögen ein und die Verspannungen werden chronisch, die Emotion an sich merkst du nicht mehr. Da dies unangenehm ist, flüchten Personen oft vor unangenehmen Situationen oder lenken sich mannigfaltig ab, damit gar keine Emotion mehr aufkommen kann.

Nun, da wir in der jetzigen Situation («Coronazeit») alle dicht zusammen zu Hause sind, kann es rasch zu Emotionen kommen, auch weil wir den Umständen nicht entfliehen können. Wir sollten darin aber eine Chance sehen, um uns zu überlegen, wieso wir denn soviel Ablenkung brauchen. Die Familie und das zu Hause sollte ein Ort sein, an dem wir uns wohlfühlen. Wir sollten daran arbeiten und so auch innerlich näher zusammenrücken. Vielleicht sehen wir, dass viele eventuell kostspielige Ausflüchte gar nicht mehr wichtig sind.

Werden länger bestehende Verspannungen bearbeitet, durch dich selbst oder beispielsweise durch einen guten Masseur, können die gespeicherten Emotionen wieder zum Vorschein kommen und du musst sie verarbeiten, beziehungsweise neutralisieren. So kann es zum Beispiel sein, dass ein traumatisches Erlebnis nochmals durchlebt wird. So kannst du aber nach und nach dein Unterbewusstsein/ Körper reinigen. Falls du dies jedoch weiter verdrängst und die Verspannungen nicht gelöst werden, kommt es unter Umständen zu immer stärkerer Einengung deiner Atmung. Du fühlst dann zwar die unangenehme Emotion nicht mehr, schliesst dich aber eben auch von allem Positivem ab. Mit anderen Worten, du kannst dich selbst gar nicht mehr leben. Gut sieht man das zum Beispiel beim Singen: Damit die Stimme voll und kräftig ist und allen Feinheiten Ausdruck verleihen kann, müssen alle Muskeln im «Orchester» richtig mitspielen, ansonsten kann sich die Stimme nicht voll entfalten.

Ein jeder macht emotional Erlebnisse durch, die sich teils auch im Körper festsetzen. Doch mit den speziellen Übungen kannst du dich von diesem Spannungspanzer wieder befreien und die Energie neutralisieren. Mehr noch: Wenn du regelmässig übst und ein gutes Gefühl für deinen Körper erlangst, kannst du Stressfaktoren mit der Zeit schon neutralisieren, bevor sie sich festsetzen können. Je mehr du übst, desto grösser wird dein Polster – das Kapital an Stressresistenz erhöht sich. Das ist das Wesen der «Martial Art». Überlege dir: Was haben Krieger leisten müssen, um zu überleben, als sie einander Auge in Auge gegenüberstanden? Alles ist in uns drin und nur bedingt von äusseren Faktoren abhängig. Du siehst, Kampfkunst geht nicht ohne Energie und Energie nicht ohne Atmung. Im SKEMA-Trainingsprogramm ist es die Atmung, die alles verbindet, sie wird sich wie ein rotes Band durch alle Programme ziehen, du nimmst also immer etwas an Energie und an Selbstverteidigung in den Alltag mit – egal welches Programm du trainierst.

Vortrag von Si Gung Suny Kamay
Verfasst von Lehrern der SKEMA