SKEMA Energietraining – zurück ins «Jetzt»

Was bedeutet das? Bereits im Akronym SKEMA ist Energie enthalten: Suny Kamay Energy & Martial Arts Academy. Der Ausdruck Energie repräsentiert hierbei den kräftigenden und gesundheitlichen Aspekt aus dem Wissensschatz der Kampfkünste. Dass die traditionellen Kampfkünste ursprünglich dieses Wissen beinhalten, liegt auf der Hand: Klar, der körperlich Starke hat grundsätzlich bessere Karten in einer Auseinandersetzung – ebenso wichtig ist die mentale Stärke und der Umgang mit den Emotionen.

Der Kampf in der direkten Konfrontation mit möglicherweise fatalem Ausgang ist der grösste Stress, dem ein Mensch ausgesetzt sein kann. Die Kampfkünste beinhalten Techniken, um damit umzugehen, um handlungsfähig zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie lehren uns, wie man Stress in Folge von Traumata oder scheinbar ausweglosen Situationen abbaut. Die entsprechenden Übungen lassen sich problemlos in den weniger martialischen modernen Alltag übertragen, und der Praktizierende kann sich an der befreienden und vitalisierenden Wirkung täglich erfreuen. Er hat mehr Energie, seine Aufgaben zu bewältigen, mehr Energie, um gesund zu bleiben, mehr Energie, um sein Leben und sein persönliches Umfeld positiv zu beeinflussen.

Dieser Energie-Anteil ist seit jeher ein integraler Bestandteil des SKEMA-Trainings. Si Gung Suny Kamay hat auch in diesem Aspekt der Kampfkunst lange geforscht, jeden erdenklichen Stein umgedreht und eine enorme Anzahl von Methoden erlernt. Das Wissen um die Energie ist in jeder SKEMA Disziplin enthalten. Im Energie Training wird auf eine eher ruhige und sanfte Art darauf fokussiert. Das Training umfasst die bewährtesten Methoden für den Menschen westlichen Lebensstils, um die erwünschte Wirkung, z. B. morgendliche Aktivierung oder abendliche Entspannung und Gedankenruhe, zu bewirken. 

Hierin liegt auch der Unterschied zu direkt aus den asiatischen übernommenen Methoden, die nicht sofort für jedermann und in jedem Alter anwendbar sind. Als umfassendes Trainingssystem bearbeitet das Energietraining alle Ebenen des Menschen. So wirkt es auf den Körper kräftigend und flexibilitätsfördernd, auf die Emotionen balancierend und aufhellend und auf die Gedanken je nachdem beruhigend oder anregend.

Dem Prinzip „Body over Mind“ folgend wird über den Körper durch aktive und passive Bewegung kombiniert mit Atmung gearbeitet. Jede Gewohnheit, jedes Gedankenmuster und jede inhärente Emotion hat seine Wiederspiegelung im Körper. Der Einfluss von Erinnerungen und Emotionen auf den Bewegungsapparat und die Organe sind heute denn auch weitgehend anerkannt. Durch anhaltendes richtiges Training kann man also nicht nur seinen Körper ins Lot bringen, sondern auch auf emotionaler und gedanklicher Ebene innere Hindernisse überwinden. Das erfrischende Gefühl der inneren Ausgeglichenheit, des spannungsbefreiten Körpers und nach gewisser Übungszeit auch das Erleben des Chi – die in den traditionellen Gesundheitsschulen erwähnte Lebenskraft – will man mit der Zeit einfach nicht mehr missen.

Gewiss, anders als in den frühen 80er Jahren findet man heute bereits in jedem Heftli oder Videoblog Kurzanleitungen für einzelne Atem- und Entspannungsübungen, deren „Erfindung“ sich ein einzelner Autor zuschreibt. Dies wird der Komplexität und Tradition dieser Wissenschaft jedoch nur sehr bedingt gerecht, weil ein Lehrer individuell auf die Gegebenheiten des Trainierenden eingeht. Auch sind die neu „erfundenen“ Übungen meistens bereits seit vielen hundert Jahren bekannt. So gibt es z.B. Aufzeichnungen von Sufi-Orden, welche deren kontinuierliche Forschung über die Wirkung der Atmung auf den Menschen seit mehr als einem Jahrtausend dokumentieren.

Unser Anspruch ist es, den Schüler in einem einfachen und wirkungsvollen Training zum bestmöglichen Ergebnis zu führen. Die erlernten Übungen können problemlos in den Alltag integriert und täglich angewendet werden.

SKEMA Kampfkunstakademie Schweiz

Ein Weg zur Erweckung von selbstregulatorischen Kräften

Arbeiten an der Gesundheit mit der Hilfe von Qi Gong und Tai Chi

Schmerzen oder auch das Leiden hat in unserem endlichen Leben eine zentrale Bedeutung. Der Schmerz ist der Indikator eines körperlichen, emotionalen oder mentalen Ungleichgewichts und somit ist die Anerkennung der Schmerzen der erste Schritt auf dem Weg der Heilung.

Tatsächlich sind Schmerzen nicht nur für sogenannte chronische Schmerzpatienten eine alltägliche und prägende Erfahrung. Für einen Teil der Menschen werden die Lebensbedingungen so schwer, dass Körper, Geist und Emotionen rebellieren.

Dabei spielt die Psyche eine wesentliche Rolle. Negative Emotionen wie Angst, Stress, Trauer usw. können Schmerzen hervorrufen. Oft ist der Griff zu einem Medikament für viele der einzige Ausweg. Die Nebenwirkungen werden bewusst oder unbewusst in Kauf genommen, auch wenn viele Medikamente den Ursprung des Ungleichgewichts nur selten bekämpfen, sondern vorwiegend die Symptome unterdrücken.

Was tun? Eine Kombination aus ganzheitlichen Therapien, wie meditative Bewegungstherapien aus dem Qi Gong (Chi Kung) oder Tai Chi, Schröpfen, Akupunktur oder Fussreflexzonenmassage können den Körper stärken und gleichzeitig aber auch Geist und Emotionen beruhigen. Entscheidend dabei ist die Atemtechnik – Die Kontrolle des Atems ist eine der höchsten Stufen überhaupt in der Energie- und Meditationslehre. Schon eine einfache Anleitung dafür verhilft zu einem Zustand tiefer Entspannung, Ruhe und innerem Frieden. Der Mensch ist fähig, unvorstellbare Kräfte zu entwickeln und zu mobilisieren, man braucht dazu nur das nötige Wissen.

Die SKEMA Kampfkunstakademie bietet solche ganzheitliche Trainingsmethoden an. Das Training richtet sich an Personen, welche unabhängig von Alter und Kondition ihre Lebensenergie stärken wollen und auf sanfte Art etwas für ihre geistige und körperliche Gesundheit tun möchten.

Redaktion FV SKEMA 08.12.2020

Kontaktloses Selbstverteidigungstraining

Die momentane „Corona- Situation“ erfordert, dass ein Kampfkunsttraining, namentlich die Selbstverteidigung, ohne Körperkontakt ablaufen muss. Wir erinnern uns: Kampfkunst ist eine Notwendigkeit – wie kann das also gehen? Das Training mit Abstand ist nicht nur möglich, sondern direkt auch nützlich, um besondere Aspekte der Kampfkunst hervorzuheben. Es kann also zwischenzeitlich sehr förderlich sein!

Der Trainingsfokus kann hierdurch etwas weg von einzelnen Techniken, mehr auf das „Gesamtkörperverhalten“, auf den Umgang mit Druck und Zug und die gute Struktur gelegt werden, sozusagen auf das unabdingbare Fundament der Kampfkunst. Es werden also primär nicht Techniken für bestimmte Verteidigungssituationen trainiert, sondern Prinzipien und Reflexe auf vielfältigste Art und Weise, die sich vorteilhaft auf die Selbstverteidigung aber auch für das Alltagsleben auswirken. Das Ziel der „SKEMA Art“, den ganzen Körper mit seinen Armen und Beinen, Thorax, Atmung, Rumpf, Becken zu stärken und sensitiver zu entwickeln, bleibt dabei bestehen. Er wird damit befähigt, mit sämtlichen Krafteinwirkungen wie „Schlag oder Sturz“ reflexartig umzugehen. Es ist dabei nicht mehr der Arm oder das Bein, das reflexartig reagiert, sondern der ganze Körper.

Nach einer solchen „Körperfeinschliff“-Trainingsphase ist man oft überrascht, welche Fortschritte man gemacht hat! Es lohnt sich also.

Text SKEMA Kampfkunstakademie Schweiz 27.11.2020

Das «Grund-ABC» der Kampfkünste

Es ist uns wichtig, dass alle Menschen, die sich für die Kampfkunst interessieren mit den folgenden Ausführungen einen Kompass, ein «Grund-ABC der Kampfkünste» in die Hand erhalten und sich somit in der Vielzahl der Angebote im weitgefächerten Gebiet der Kampfkünste orientieren können. Suchende können sich ein besseres Bild machen, was für sie persönlich als Kampfkunst in Frage kommt und welche Eigenschaften diese enthalten muss.

Mit diesem Text möchten wir in einer einfachen, für den Laien verständlichen Sprache, die Vielfältigkeit der zahlreichen Kampfkunststile ohne Beeinflussung durch allgemeine Werbung oder Zeitschriften aufzeigen. Das «Richtige» für sich zu finden ist von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel das Alter, Interessensgebiet(e) und körperlichem Zustand (mental, emotional, seelisch) des entsprechenden Menschen abhängig.

Es ist zudem wichtig, wieviel Zeit man selbst zur Verfügung hat oder sich nehmen möchte, also investieren (aufopfern) möchte um sich mit den Erfahrungen und mit dem Training einer der verschiedenen Kampfkunstarten auseinander zu setzen.

Mit diesem kurzen Einblick kann es verständlicher werden, weshalb so viele Kampfkunststile entwickelt wurden, da Menschen Individualisten sind mit einem Herdendrang.

Das Üben der verschiedenen Formen sind wie ein ABC, mit dem Sie Ihre eigenen Wörter schreiben und sich formulieren können (körperlich, emotional, mental und wenn alles zum Besten steht auch seelisch). Somit wäre der Kreis geschlossen.

Für die meisten der öffentlich zugänglichen Kampfkünste ist es unerheblich, ob man weiblich oder männlich ist. Es gibt aber auch tiefgreifende Kung Fu-Stile, wo es eine wesentliche Rolle spielt, ob man Frau oder Mann ist. Doch von diesem Kung Fu möchten wir hier nicht sprechen, da diese Art von Kung Fu strengste Aufsicht während Tag und Nacht durch einen sehr guten Sifu (Lehrer oder Meister) erfordert. Denn hier können Kräfte geweckt werden, die strengste Diät auf allen Ebenen – also körperlich, emotionell, geistig – erfordert.

Wir möchten einige Kampfkunstarten näher vorstellen, die es dem Suchenden erlaubt, seinen normalen Tagesablauf beizubehalten und es ihm trotzdem ermöglicht, verschiedene Faktoren wie zum Beispiel Selbstverteidigung, Selbstsicherheit, Selbstfindung und Volksgesundheit zu befriedigen. Eigentlich können die meisten uns bekannten Kampfkunstarten auf den erwähnten Gebieten eine sehr gute Hilfe sein. Oder anders gesagt, es ist möglich hier auf diverse Ebenen gute Erfolge zu erzielen. Doch man kann nur so viel erwarten, wie man auch bereit ist, an Arbeit, Energie und Fokus zu investieren. Also nochmals: Alle Kampfkunstarten reiten letztlich auf demselben Pferd – nur das Aufsteigen auf das Pferd hat verschiedene Formen.

Nun möchten wir zwei hauptunterschiedliche Gruppen der Kampfkünste kurz beschreiben und versuchen mit möglichst wenig Fachausdrücke auszukommen (Anmerkung: Hierbei ist der Beizug des Vortrages von SiGung Suny Kamay über «Kampfkunst im Alltag» vom 27.10.2020 zu empfehlen):

Die erste Gruppe ist das «Innere System», auch bekannt als «Innere Stile». Die wohl bekanntesten davon sind Tai Chi, Qi Gong, Yoga Pa Kua, Hsing-I, Pencak Silat, Kali Masada etc.

Nicht wenige Menschen meinen, dass alle diese Stile eines gemeinsam haben, nämlich die zarten, anmutigen, leichten und feinen Bewegungen ohne direkte Muskelkontraktionen. Sie sehen Tai Chi als das Synonym der Inneren Stile an. Manche dieser Kampfkunststile haben in der Tat einige Ähnlichkeiten mit dem Aussehen von Tai Chi, was den Anschein macht, dass alle anderen Inneren Kampfkunststile dieser Richtung und Ausführung folgen müssten. Doch dem ist nicht so. Wenn bestimmte Kampfkunstarten wie beispielsweise Kali Masada oder Yang Tai Chi optisch verglichen würden, so könnte nicht angenommen werden, dass diese beide Arten primär das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Kultivierung von «Chi» oder auch «Innere Kraft». Nun möchten wir das mal unter die Lupe nehmen. Wie fühlt sich das an, was häufig als «Chi» oder «Innere Kraft» bezeichnet wird? Ist es etwa das Kribbeln in den Fingern, das Tai Chi-Trainierende in ihren Gruppen verspüren? Oder steckt noch mehr dahinter? Denn auch beim Spazieren durch wunderschöne Gegenden, insbesondere Barfusss mit leicht nach innen gekrallten Fingern stellt sich dieses Kribbeln ebenso ein, was ganz sicher gut und gesund aber nur der Anfang ist.

Wissen Sie was ein Vorschlaghammer ist? Können Sie sich auch vorstellen wie ein Presslufthammer aussieht oder gar funktioniert?

Beim Vorschlaghammer wird die Kraft des Aufpralls durch das Gewicht des Hammerkopfes, die Länge des Hammerstieles, die Geschwindigkeit und den Weg, den der Hammer zurücklegt, bestimmt.

Beim Presslufthammer hingegen liegt der Hammerkopf bereits auf dem zu schlagenden Objekt auf und gibt Schockwellen ab. Es kann keine Bewegung von aussen festgestellt werden. Der Weg, die Grösse und das Gewicht des Hammers ist in der Geräteverschalung nicht zu erkennen. Das Einzige ist das Geräusch eines Aufpralls, den man hören kann.

Nun was hat der Vorschlaghammer mit dem Presslufthammer gemeinsam? Bei beiden sieht man die Wirkung, nämlich das Einrammen eines Pfostens oder das Verformen eines Materials etc. Es ist hier auch das Endziel. Die Inneren Stile sind mit dem Presslufthammer zu vergleichen und die Äusseren Stile sind mit dem Vorschlaghammer zu vergleichen. Das klingt unwahrscheinlich, es entspricht aber der Tatsache (Wahrheit).

Es gibt Innere Stile, wobei man sich fast oder gar nicht bewegt, wenn die Kraft des Presslufthammers entwickelt werden soll. Jeder kann sich vermutlich vorstellen, dass man Jahre oder Jahrzehnte braucht, um dieses Ziel wirklich zu erreichen. Ganz klar sind auf dem Weg dorthin viele wunderbare Vorzüge vorhanden, die eigentlich für viele Menschen der Grund sind, sich diesen Stilen zu widmen, da keine Akrobatik nötig ist. Es kann darum auch mit schlechter, körperlicher Konstitution begonnen werden. Der gesundheitliche und ermunternde Effekt im positiven Sinne ist ganz sicher nicht anzuzweifeln.

Die zweite Gruppe gehört den Äusseren Stilen (Vorschlaghammer) an. Sie sind auf dem sogenannten Sportsektor sehr verbreitet wie zum Beispiel das Tae Kwon Do, Karate, Judo, Thaiboxen, Kickboxen, Boxen und ca. weitere 200 bis 300 verschiedene Kung Fu-Systeme. Auch einige bei uns heimischen Arten wie Ringen, Schwingen, Pancration und viele der mittelalterlichen spanischen oder französischen Fechtkünste gehören in diese Kategorie der Äusseren Stile. Im weiteren ist das französische Savate sowie die englischen, schottischen, französischen und baskischen Kampfkünste mit Stock und/oder Messer sowie das russische Sambo und das japanische Jiu Jitsu als derartige Kampfkunststile bekannt.

Es sind weitere Äusseren Stile vorhanden, die auf extreme Beweglichkeit, Ausdauer und Kraft voraussetzen oder aufgebaut sind. Kurz gesagt, es gehören alle Äusseren Stile dazu, die Akrobatik beinhalten oder voraussetzen. Hauptmerkmale sind Schulung der Flexibilität (über die Körpernatur hinaus) bis manchmal hin zu extremen Balanceübungen und einen Zeitaufwand von ca. 60 % für Formen, Choreographie, Ausdauer und Muskeltraining. Die zur Zeit bekannteste Form ist das moderne chinesische Wushu sowie den nahen Verwandten aus allen alten, klassischen, überlieferten Kung Fu-Stilen, die die Grundlage für dieses moderne, sportliche Wushu bilden. Dieses Wushu ist für Kinder sehr gut geeignet, da überschüssige Energie in guten Bahnen gelenkt werden.

Bei den eindeutigen Äusseren Stile wie Tae Kwon Do, Karate und den Anfängerstufen von Shaolin-Stile gehören laute Schreie dazu. Das sogenannte «Chi» soll so veräusserlicht werden. Diese Schreie der Äusseren Stile sollte nicht mit den lang gezogenen eher leisen Lauten oder Mantras aus dem Qi Gong, Yoga etc. verwechselt werden (verinnerlichte Vibrationen und Schwingungen), die innerliche Reinigungsprozesse bewirken.

Die bekanntesten Stile für diese Äusseren Arten ausserhalb Chinas sind das japanische Oyama-Karate, das Thaiboxen, Krav Maga, das burmesische Bandung, Viet Vo Nham, einige Silat-Stile und ferner einige indische sowie afrikanische Stile. Schwieriger einzugliedern wäre das brasilianische Capoiera. Es ist akrobatischer, religiöser, mystischer und voller Heimtücke. Für das tiefere Ergründen müsste man mehr von Vodoo verstehen. Anstelle von Capoiera könnten Jugendliche ebenso gut Rapdancen oder Hip-Hopen etc.

Zwischen der ersten und zweiten Gruppe, den Inneren und Äusseren Stile, gibt es auch eine sogenannte «graue Zone» wie beispielsweise das Wing Chun Kung Fu und artverwandten Stile wie Jeet Kuen Do etc. Dieser Grauzonenbereich kann man gut in den «3-cm-Fauststössen (Inch Punches)» des Wing Chung Kung Fu oder Jeet Kuen Do sehen, da die volle Schlagkraft auf nur 3 cm Weg aufgebaut und so auf den Gegner geschlagen wird. Diese Grauzone ist auch in den philippinischen, indonesischen, indischen, vietnamesischen und afrikanischen Arten zu sehen.

Im Wing Chun Kung Fu wird Abhärtung ohne zusätzlichen Zeitaufwand als willkommenes Nebenprodukt erzielt wie zum Beispiel beim jahrelangen Training an der Wooden Dummy (ein Holzübungsgerät, das einen Trainingspartner oder einen Gegner darstellt). Die Flexibilität wird durch das Trainieren der Formen, die das Hauptmerkmal auf Entspannung der Muskeln richten, ebenfalls als Nebenprodukt erzielt. Im Wing Chun Kung Fu-System wird mit sogenannten Berührungsreflexen gekämpft, was nur mittels eines entspannten Körpers möglich ist. Reflexübungen dazu sind «Chi Sao» für Arme und «Chi Görk» für Beine. Die Holzpuppe (Wooden Dummy) ist für die Synchronisation, Schnelligkeit, Kraft, Effektivität und Abhärtung erdacht. Beim «Einmannholz» ist das Hauptziel der «Free Flow», also das freie Fliessenlassen der Techniken in Kraft und Anwendung.

Diese «Free Flow»-Übungen kommen auch in den vielen philippinischen, indonesischen und vietnamesischen Kampfkünsten vor. Zudem sind derartige Reflexschulungen auch in indischen und afrikanischen Stilen zu beobachten. Alle uns bekannten Stile hier aufzuzählen würde zu weit führen.

Die Stile beider Gruppen sind in der Urform dazu erdacht, bei extremen Bedingungen zu überleben und sich somit auf allen Ebenen (körperlich, emotional, geistig und seelisch) zu schützen und zu erhalten.

Nun hoffen wir, dass diese Informationen helfen, einen Weg zu finden, der Ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht. Auskünfte erhalten Sie direkt von Menschen, die verschiedene Kampfkunststile praktizieren. Dadurch erhalten Sie weiter tiefere Einblicke über die betreffende Kampfkunstarten. Wir drücken Ihnen die Daumen.

Vortrag von SiGung Suny Kamay, Gründer der SKEMA Kampfkunstakademie Schweiz, hinsichtlich dem Schweizer Kampfkunstfestival 2006 in Frauenfeld
Veröffentlichung aus Archiv am 24.11.2020

Kampfkunst aus Sicht eines Facharztes (Rehamedizin, Sportmedizin und Allgemeinmedizin)

Die älteste Kunst

Wahrscheinlich ist die Kampfkunst die älteste Kunst der Menschheit. Der Mensch als Spezies, die keine Klauen, Hörner, Giftapparate oder Panzerungen besitzt, entwickelte die Fähigkeit zum Gebrauch von Gegenständen. Dies stellte sich als äusserst erfolgreich heraus im Kampf ums Überleben. Raubtiere konnten abgewehrt werden und Hunger konnte man nicht nur durch Sammeln, sondern auch durch Jagen beheben. Ein Speer alleine sicherte jedoch noch nicht das Überleben gegen einen zigfach stärkeren Bären, erst der gekonnte Umgang damit. Die Kunstfertigkeit im Waffengebrauch musste daher beständig weiterentwickelt und an die Nachkommen überliefert werden. Erst nachdem der Mensch sein Leben und dasjenige seiner Sippe einigermassen schützen konnte, hatte er Kapazität, sich anderen Künsten, wie Töpferei oder Höhlenmalerei zuzuwenden.

Zweierlei Antriebe

Alle Gegenstände und Fertigkeiten ermöglichen eine Nutzung zum Guten wie zum Schlechten. Allein der Mensch entscheidet aus welchem Antrieb er sie benutzt. Mit Küchenmesser und Feuer können Mahlzeiten zubereitet aber auch Verletzungen und Brände verursacht werden. Malerei und Schreibkunst können für erhabene Gefühle sorgen, aber ebenso zu demütigenden Karikaturen und verleumdenden Flugblättern führen. Auch die Kampfkunst kann sowohl zum Schutz von anderen als auch zur Durchsetzung seines eigenen Willens eingesetzt werden.

Gewalt

„Schrecklich immer, auch in gerechter Sache, ist Gewalt“ (Reding in Schillers Wilhelm Tell). Gewalt sollte niemals leichtfertig eingesetzt werden. Sie kann jedoch als letzte Möglichkeit notwendig sein. Dazu drei Beispiele:

  1. Ein Bär findet einen Bienenstock und will sich am Honig vergreifen. Er wird von der Biene gestochen.
  2. Gretel schubst die Hexe in den Ofen.
  3. Wilhelm Tell erschiesst den Landvogt Gessler.

Die drei Beispiele haben folgende Gemeinsamkeiten:

  • Die Gewaltanwendung scheint gerechtfertigt, da ihr ein grosses Unrecht voranging und durch die Gewalt noch schlimmeres verhindert werden konnte. Der Bär hätte durch das Rauben der fleissig angesammelten Vorräte das Überleben des Bienenvolkes gefährdet. Die Hexe hätte den gefangenen Hänsel verspiesen. Gessler hätte weitere sadistische Spielchen getrieben in der Weise wie er Tell befahl, auf sein Kind zu schiessen.
  • Die Gewalt wird nicht (nur) zum eigenen Vorteil, sondern zum Schutz von anderen eingesetzt.
  • Der Zweck der Gewaltanwendung rechtfertigt die Mittel, so dass es keine Regel bezüglich sportlicher Fairness gibt. Die Biene verwendet Gift. Niemand erwartet, dass sie sich mit ihren Ärmchen boxend gegen den Bären wehrt. Gretel nutzt eine List und bereitet der Hexe einen äusserst qualvollen Tod durch Verbrennen. Tell schiesst aus dem Hinterhalt. Er wird jedoch als Nationalheld betrachtet.

Im Leben ist es meist komplexer als hier dargestellt. Bei unklarem Sachverhalt kann es auch einmal angebracht sein, in vertretbarem Rahmen einzustecken, um nicht selbst zum Täter zu mutieren. Gewaltloser Widerstand kann bei einem einigermassen zivilisierten Aggressor funktionieren. Dies zeigte die Unabhängigkeitsbewegung Indiens unter der Führung von Mahatma Gandhi.

Die Frage des Stils

Körperliche Unterlegenheit kann durch geistige Raffinesse und Technik wettgemacht werden. Ein realistischer Kampfkunststil darf deshalb nicht durch Regeln eingeschränkt werden. Er funktioniert:

  • unaufgewärmt
  • in jedem Alter (z.B. trotz Hüft- oder Kniearthrose)
  • in jeder Kleidung (Jupe, Stöckelschuhe, Flip-Flops, Masken)
  • in jeder Umgebung (sitzend am Restauranttisch, eingeengt im Lift, auf vereister Strasse)

Die Bewegungen sollten den natürlichen Gegebenheiten des Körpers angepasst sein. Der Mensch vollführt in seinem Alltagsleben unzählige Greifbewegungen. Diese sind vom motorischen Ablauf her verwandt mit einem Faustschlag, bei dem ebenfalls der Arm nach vorne gestreckt wird. Ein Fusstritt ist bezüglich der Motorik um einiges anders als ein normaler Schritt und daher weniger der menschlichen Anatomie entsprechend. Zudem limitieren die klimatischen Gegebenheiten in unseren Breitengraden, mit häufig nassen und glitschigen Strassen, die erfolgreiche Ausführung eines akrobatischen Fusstritts. Kritisch hinterfragen sollte man auch Stile, bei denen mit nur einem Gegner minutenlang auf dem Boden gekämpft wird. Meist greifen mehrere zusammen einen einzelnen an. Wenn man nur mit einem von denen am Boden kämpft, wird man von den anderen getreten. Überdies liegen an konfliktreichen Orten oft Scherben am Boden.

Es sind nicht alle äusseren Kampfkunststile der körperlichen Gesunderhaltung zuträglich. Einige benutzen überaus harte Spannung, andere erzeugen durch Werfen und Fallen Verschleisserscheinungen an der Wirbelsäule und dritte zeichnen sich aus durch Abhärtungsübungen, die längerfristige Abnützungsschäden zur Folge haben. Die Praktizierbarkeit im Alter sollte jeweils kritisch hinterfragt werden. Es ist nicht nützlich, sich in den jungen Jahren behaupten zu können, während man dies im Alter wegen der Gesundheitsschäden, die man sich durch die Kampfkunst eingehandelt hat, nicht mehr kann.

Das Üben

Auf dem chinesischen Weg der Kampfkunstausbildung erlernt der Schüler erst waffenlose Techniken und wird zuletzt noch in Techniken mit Waffen unterwiesen. Bei den philippinischen Kampfkünsten wird meist erst mit einem Stock das Kämpfen erlernt. Der Stock steht dabei als Prinzip für alle irgendwie verfügbaren Gegenstände, die im Alltag immer in Griffweite sind. Das sind beispielsweise Regenschirm, Küchenmesser, Kugelschreiber oder Flasche. Wenn der Schüler dies gemeistert hat, lernt er auch, sich ohne Waffe zur Wehr zu setzen.

Wichtig ist das Miteinander statt Gegeneinander. Es verhält sich wie beim Paartanz. Wenn beide Tanzpartner miteinander kooperieren, wird der einzelne für sich besser. Arbeiten sie jedoch gegeneinander, gibt es keinen Fortschritt, weil sie sich in ihrem Lernprozess fortwährend behindern. Kooperation und Selbstlosigkeit ist etwas, was unserer wetteifernden, individualbetonten westlichen Mentalität auf Anhieb eher schwer fällt. Aber nur indem man den Übungspartner als Widerstand zum Selbstentdecken des eigenen Körpers sieht, lernt man. Falls beide im anderen nur ein Objekt zum Besiegen und damit zum Aufpolieren ihres Egos sehen, ist kein Lernprozess möglich. Durch das gegenseitige Geben eines realistischen und wohlwollenden Widerstandes meistern beide allmählich ihren Körper und ihre Ängste.

Gerade in Zeiten von Pandemien («Corona-Jahr 2020») werden die in der SKEMA Kampfkunstakademie entwickelten «Long Pole»-Anwendungen gegenüber Leerhandtechniken oder -bewegungen in einem kontaktlosen Selbstverteidigungsprogramm ausgestaltet. Die SKEMA folgt weiter seinem Prinzip einer vereinenden Kampfkunstart, die der stetigen Forschung, Lehre und Wandlung gerecht werden soll.

Innere Stile für körperliche Gesundheit

Der Stärkste kann von einem simplen Grippevirus kampfunfähig gemacht werden. Aus diesem Grund ging es in der Kampfkunst seit jeher auch um die Gesundheit. Nur wer nicht erkrankt ist, kann kämpfen. Das noch in der Antike vorhandene Wissen über die Körperkultur wurde während dem Mittelalter im Osten erhalten. So sind zum Beispiel in der traditionellen indischen und auch chinesischen Medizin zahlreiche Übungen wie Yoga, Qi Gong und Tai Chi zur Gesunderhaltung des Körpers beschrieben. Diese werden seit Jahrhunderten von vielen Menschen erfolgreich praktiziert. Statt gegen einen äusseren Gegner wird gegen Feinde im eigenen Körper, wie Bakterien oder Viren, gekämpft. Da der Kampf im Inneren stattfindet und von aussen nicht sichtbar ist, werden sie als innere Stile bezeichnet. Die Entwicklung von inneren und äusseren Stilen konnte in beide Richtungen erfolgen: Beim Shaolin-Kung-Fu wurden Bewegungen, die ursprünglich als innerer Stil gymnastisch waren, modifiziert zur Selbstverteidigung. Beim Tai Chi wurde eine äussere Kampfkunst umgestaltet, so dass fast nur noch «gymnastische» Aspekte übrig blieben.

Der Kampf mit sich selbst

Der Kampfkünstler setzt sich mit Kräften auseinander, die unmittelbar auf seinen Körper ausgeübt werden. Durch das Üben realisiert er mit der Zeit, dass dies vom Erleben her vergleichbar ist mit Kräften, die vom Alltagsleben auf ihn einwirken:

  • Ein hektischer Arbeitsalltag löst Angst aus zu versagen. Man fühlt sich in die Enge getrieben und gestresst. Dies ist wie im Training, wenn Fäuste auf einen hereinprasseln. Durch Üben erlernt man, diese Fäuste abzuwehren. Die Fäuste verlieren ihre erschreckende Wirkung. Man gewinnt das Vertrauen, dass alles auf einen hereinprasselnde – ob Faust oder Alltagsproblem – abgeschwächt oder abgelenkt werden kann.
  • Eine Meinungsverschiedenheit mit einem Kollegen löst Ärger aus. Dies ist zu vergleichen, wie wenn man im Training mal einen Magenbox einstecken muss. Die Emotion Ärger wurde im Training mit dem Reaktionsmuster verknüpft, dass man dem anderen trotz Schmerz und Ärger verzeiht im Wissen, dass er es kaum absichtlich gemacht hat, und dass Einstecken halt auch mal möglich ist, ohne etwas zu verlieren.

So ermöglicht das Meistern der Prinzipien gegen mechanisch spürbare Kräfte zunehmend eine Übertragung gegen die weniger greifbaren Kräfte der Alltagsprobleme. In einem dritten Entwicklungsschritt folgt das Realisieren, dass man selbst sein grösster Gegner ist. Die Kampfkunst wird dann im Wissen weiterbetrieben, dass der vom Training resultierende Umgang mit mechanischen Kräften sich auch übertragen lässt auf die im eigenen inneren tobenden Gefühlskämpfe.

Text von Dr. med. Emanuel Steinhauer (Hauptfassung vom 25.05.2013, Anpassung am 10.11.2020)
Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, für Sportmedizin und Rehamedizin
Vizepräsident des Fördervereins SKEMA

Kampfkunst im Alltag

Die therapeutische Wirkung von Tai Chi, Qi Gong, Yoga etc. sind mittlerweile vielseits bekannt.

Diese Begriffe weiter zu unterscheiden, wird zu keinen weiteren Erkenntnissen führen. Um deren Wirksamkeit bedarf es um zwei grundsätzliche Unterscheidungen. Nämlich die von «Kampfsport» und «Kampfkunst». Nun worin liegt der Unterschied? Kurz gesagt, in allem.

Während der Kampfsport auf den Erfolg wie Ansehen, Pokale etc. zielt und dafür eine «Arena» nutzt, beleuchtet er vor allem den physischen Aspekt. Diese Abnutzung schadet langfristig dem Körper. Einem Körper, dem Schaden zugefügt wird, dessen Lebenseinstellung nimmt gleichermassen Schaden an – und damit auch sein «Spirit». Kampfsport pflegt das Ego. Es darf einem jungen Menschen gegönnt sein, den Weg des Kampfsportes zu wählen, auch weil er sich dadurch (noch) als «physisch fit» ansieht, jedoch muss ihm ebenso eingeräumt werden, dass es begrenzt ist. So ist es nicht selten, dass bereits nach 25 Jahren der Körper erste «Signale schlägt», mit 30 Jahren bereits einen «Alarm ausruft» und mit 35 Jahren die «körpereigene Energie angezapft» wird (der «Raubbau» wird spürbar). Kampfsporttreibende tragen nicht selten darüber hinaus physische und bleibende Schäden davon (Rücken-, Knie- oder anderweitige Gelenkprobleme, Lähmungserscheinungen, Parkinson etc.). Es ist selbstredend, dass dadurch die Lebensqualität eingeschränkt wird.

Die Kampfkunst (Martial Arts) zielt auf ganz andere Aspekte. Sie soll/muss den Praktizierenden durch das ganze Leben hindurch begleiten. «Mit 35 Jahren fängt es doch erst richtig an». Alle Übungen (es wird bewusst auf die Formulierung «Technik» verzichtet; Übungen sind keine Techniken) zielen auf die Stärkung des Sehnenapparates, auf den Muskelapparat, auf die Flexibilität der Gelenke, sodass der Beweglichkeit (Mobilität) einen grösseren Umfang eingeräumt werden kann («range of motion»). Die Selbstverteidigung ist in dieser Kampfkunst beheimatet.

Diese erhöhte Beweglichkeit (Mobilität) lässt wieder viele fröhliche Momente zu, sei es beispielsweise beim Tanzen, dem Erleben von Enkelkindern oder bei einem Spaziergang durch Wald und Wiese. Diese Beweglichkeit und die damit freigesetzte (zurück gewonnene) Fröhlichkeit begründet Kampfkunst.

Der Körper kann als einen «Tempel» angesehen werden, worin sein «Spirit» über das Denken, über das Fühlen, über das Handeln sich einfindet. Die SKEMA Kampfkunstakademie erforscht, lehrt und trainiert diese Aspekte im Rahmen wissenschaftlicher Kriterien in ihren eigenen Kampfkunstschulen bzw. wendet Aspekte von erforschten Kampfkünsten als Therapiemethoden in ihren eigenen Praxen an.

Nicht selten wird Tai Chi, Qi Gong, Yoga etc. mit den «Inneren» Kampfkunststilen gleichgesetzt. Das ist zwar nicht falsch aber im Sinne einer umfänglichen Aufklärung auch nicht ganz richtig. So kann es durchaus sein, dass die benannten Stile optisch wie «Innere Stile» daherkommen, im Eigentlichen jedoch auf die äussere Wirkung zielt wie die Pflege des Bewegungsapparates, Bewegungsvielfalt, Koordination, Flexibilität etc. Demzufolge kommt sie eher einem «wirkungsvollen Gesundheitssystem» als einer «echten Kampfkunst» nahe. Kampfkunst ohne das sogenannte «Innere», also ohne das benannte im wirklichen Sinn (nicht optisch, sondern fühlbar) kann nicht als Kampfkunst bezeichnet werden. Es existieren Kampfkunststile, die von «Aussen» zum «Inneren» wirken und andere wiederum arbeiten sich vom «Inneren» zum «Äusserlichen» – vergleichbar mit einem Pferd, worauf der eine Reiter von der linken und der andere Reiter von der rechten Seite das Ross besteigt. Ross und Reiter blicken in dieselbe Richtung.

Somit sei hier festgestellt, dass kein «Kung Fu» existiert, ohne dass das «Qi Gong» darin enthalten ist und kein «Qi Gong» existiert, ohne dass das «Kung Fu» darin enthalten ist. Auch in anderen Kampfkunststilen wie Choy Lee Fut, Hung Gar, Hsing-I, etc. können derartige Parallele beobachtet werden. Die Übungen können zwar unterschiedlich aussehen, das Bewusstsein darin jedoch oder die Atemmethoden dazu können gleich sein. Echte Kampfkunst führt zu einer ganzheitlichen Entwicklung des Menschen. Die Klassifizierung von Kampfkünsten kann nun je länger je mehr nicht weiter (hat es übrigens nie) zum Ergebnis führen, es ist DIE Kampfkunst, die dazu führt. Ist die Möglichkeit einer ganzheitlichen Entwicklung des Menschen im Wing Chun Kung Fu oder im Eskrima (Stock- und Messerkampfkunst) oder im Tai Chi oder in anderen Kampfkünsten enthalten? Ja, sie ist (sofern sie echt und erforscht sind). Es sind die Wege dazu, die den Unterschied ausmachen werden.

Für diesen Entwicklungsprozess braucht es viel Zeit. Zeit, die wir entweder nicht haben oder die wir uns nicht nehmen oder eben beides. Dauert etwas übers «Zähneputzen» hinaus (3 Min.), wird es (zu) lange. Aus diesem Grund wird das wirkungsvolle Training meist verworfen oder so ausgestaltet, dass für einige Zeit viel und lange trainiert wird und andere Zeit wieder gar nicht. Diese Trainingsausgestaltung führt nicht wirklich zu fruchtbaren Ergebnissen – über die ganze Lebensdauer gesehen. Si Gung Suny Kamay: «Das Stetige ist der Schlüssel zum wahren Erfolg».

Die SKEMA Kampfkunstakademie erforschte während einigen Jahren u. a. zu diesem Thema. So stand der Wirkungsgrad von Kampfkunsttraining zur investierten Zeit sich gegenüber. Dafür führte sie in sechs von ihren 24 Schulen eine Forschungsgruppe ein (dem sogenannten «Palakabanate»-Labor), worin ganz gezielt der Umgang mit Stress (Anmerkung: Der Stressgrad war beim Krieger [Kriegskunst = Kampfkunst] am höchsten) trainiert wird (Stressbewältigung) und die Lehren aus Muskelverspannungen gezogen werden konnten, also wieso sich Verhärtungen im Muskel bilden, woher die Gründe dieser Verspannungen stammen, wie diese Verspannungen gelöst werden etc. Die Laborgruppe «Palakabanate» zeigte hierbei einen grossen Erfolg. Diese Erfolge können und dürfen sich hinsichtlich der Kampfkunststilen nicht mehr klassifizieren lassen, denn sie verschmelzen in jeder Kampfkunst, es entsteht die Symbiose – alles wird eins.

Wie gestaltet sich dieser Effekt im Trainingsbetrieb der SKEMA-Kampfkunstschulen aus?

In 50minütigen Trainingseinheiten bietet sie täglich (Montag bis Freitag) und zweimal am Abend die Kampfkunst an, worin effektiv und nachhaltig trainiert wird – sei es dadurch die eigene Selbstverteidigung zu erlernen oder zu verbessern oder um die eigene Energie zu fördern oder zu stärken. Der weitere Effekt kann durch Hausaufgaben («SKEMAatHome») erzielt werden, welche jeweils ca. 7 Minuten umfassen und vom Instruktor begleitet werden.

Die Essenz aus der Forschungsgruppe «Palakabanate» kann nun mehr in alle Kampfkunsttrainings wirkungsvoll eingesetzt werden und darüber hinaus nützlich ins Alltag gebracht werden. Durch die eigene Befähigung, die Muskeln zu entspannen bei fliessender Atmung und damit die Flexibilität zu erhöhen, reichere ich mir Lebensqualität an.

Die Übungen werden in der SKEMA Kampfkunstakademie so konzipiert, dass sie einfach zugänglich sind und den Lebensumständen hier zu Lande gerecht werden (Bsp. Während der Asiate einen «Lotussitz» für eine Übung einnimmt [weil er entsprechend seinen Körper im Alltag benutzt], nimmt der Europäer für dieselbe Übung eine andere für ihn alltägliche Körperhaltung ein – es zielt auf dieselbe Wirkung [und darum geht es]). Eine äussere Nachahmung würde den eigenen Körper immer wieder «Anecken» lassen (Schmerz). Das richtige Verständnis für die Übungen hingegen gibt dem Praktizierenden die Möglichkeit, seine Wirkungskraft dafür zu entfalten.

Vortrag SiGung Suny Kamay 27.10.2020
Verfasst von Redaktion Förderverein SKEMA 03.11.2020

Energietraining ist Kampfkunst und Kampfkunst ist Energietraining

SKEMA steht für Gesundheit auf allen Ebenen. Dafür wendet sie Methoden der inneren Kampfkünste (Tai Chi, Qi Gong, Pa Kua, etc.) als auch der äusseren Stile (Wing Chun Kung Fu, Eskrima etc.) an. Die SKEMA Kampfkunst strebt dabei keine einseitige, sondern eine harmonische Entwicklung des Menschen an. Echte Kampfkunst fördert den Menschen in seiner Ganzheit. Dies sowohl auf der körperlichen Ebene (ausgewogenes Training für den ganzen Körper) sowie auch auf emotional-mentaler Ebene (Kontrolle von Emotionen zur besonnenen Handlung anstelle von z.B. schüren von Aggressionen). Echte Kampfkunst fördert den Menschen in seiner Ganzheit und führt so zu körperlicher, emotionaler, mentaler Gesundheit.

Atmung als entscheidender Faktor

So wie der Fisch das Wasser zum Leben braucht, ist die Atmung die erste und wichtigste Nahrung des Menschen. Jede Zelle atmet. Zudem bildet die Atmung ein Bindeglied zwischen dem Körper, den Gefühlen und Gedanken und kann direkt auf das ganze System «Mensch» einwirken! Eine geschulte Atmung fördert die Verdauung, reguliert den Muskeltonus und beruhigt seine Gedankenwelt sowie seine Gefühle. Die geschulte Atmung ist jedoch auch essenziell in Stresssituationen und somit für die Selbstverteidigung. Ein physischer Angriff kommt unerwartet und ist auch eine mentale und emotionale Herausforderung.

Im Stress gelassen bleiben

Viele Prozesse im Körper geschehen autonom, was uns das Leben vereinfacht. Andererseits können uns diese autonomen Vorgänge in einer Gefahrensituation hemmen oder sogar lähmen. Diese Mechanismen lassen sich durch die Atmung regulieren. Gezielte Stressminderung und Furchtbewältigung nach angewandter Skema-Methode kreieren ein neues Leben und Empfinden. Dadurch resultiert ebenso ein anderes Verhalten mit Konfliktsituationen. Starke Emotionen, namentlich die Angst, lassen uns unkontrolliert Handeln. Innere Ruhe und emotionale Ausgeglichenheit, welche durch die Stile wie Tai Chi oder Qi Gong – oder Kampfkunst im Allgemeinen – angeeignet werden können, lassen uns besonnener und bedachter reagieren.

Gesundheit im Alltag durch Kampfkunst

Der Erfahrung zu Folge, dass der Umgang mit alltäglichen Gefahren wie stürzen, ausrutschen, anstossen etc. den Trainierenden befähigen, sowohl seinen Körper als auch seine Atmung zum instinktiven Reagieren und so die Verletzungsgefahr auf ein Minimum zu reduzieren, ist echte Kampfkunst ein echter Begleiter im Alltag.

Text von Marcel Haas 20.10.2020 (dipl. Skema-Instruktor und Schulleiter Skema-Kampfkunstschule St. Gallen Ost, med. Masseur mit eidg. FA, dipl. Kieser Instruktor SAFS).

Eine kurze Einleitung in die Kampfkunst der SKEMA

Die SKEMA Kampfkunst ist die Art, den Trainierenden zu befähigen, bis er das selbst gesetzte Ziel der körperlichen, emotionalen oder mentalen Selbstverteidigung erreicht hat. Die Art lehrt die eigene Selbstverteidigung gegen äussere Angriffe und erhöht die Widerstandskraft des inneren Organismus. Die SKEMA befähigt also den ernsthaft Praktizierenden bis er das selbst gesetzte Ziel der inneren oder äusseren Selbstverteidigung erreicht hat. Beispiele für innere Kampfkunst sind Stile wie Tai Chi, Qi Gong, Pa Kua, Hsing-I etc. und für äussere Kampfkunst sind es Stile wie Wing Chun Kung Fu, Eskrima, Pencak Silat, Judo etc. Die SKEMA darf sich als eine vereinende Kampfkunstart bezeichnen, die das Prinzip einer stetigen Forschung, Lehre und Wandlung folgt. Weitere Auflistungen von Kampfkünsten finden Sie in freien seriösen Enzyklopädien. Bleiben Sie interessiert. Probetrainings vereinbaren Sie

Redaktion FV SKEMA 03.10.2020

Unterscheidung der Begriffe «Selbstvertrauen» und «Selbstwert»

«Expertise» Peter Haas-Ackermann, Coach & Supervisor Beratungspraxis St. Gallen

Beim allgemeinen verwenden und auch im geisteswissenschaftlichen Verständnis bei der Verwendung dieser beiden Begriffe ist scheinbar keine scharfe Trennung möglich, sondern es sind vielmehr in der Anwendung Vermischungen auszumachen, zumal unzweifelhaft bedeutungsgebende Verbindungen zwischen diesen wichtigen Daseins-Aspekten bestehen. Daraus folgere ich, dass jeder Person eine gewisse Bedeutungsfreiheit gegeben ist, wie sie die Begriffe für sich verwenden will. Diesbezüglich verweise ich auf die folgenden Überlegungen, die ich in meinem Text „Erkenntnisse für einen erfüllten Alltag“ die Auswirkungen der bahnbrechenden Erkenntnisse des chilenischen Neurobiologen Humberto R. Maturana (2004) formuliert habe.

Der entscheidende Punkt der Forschungsergebnisse von Maturana[1] ist somit der, die Annahme aufzugeben, eine (wissenschaftliche) Beobachtung sei neutral. Das bedeutet, dass die psycho-biologischen Merkmale des Beobachters notwendigerweise seine Wahrnehmung „organisieren“. Dadurch ist die Wirklichkeit, von der er glaubt, dass er sie identifiziert, keine noble, absolute Wirklichkeit mehr, sondern eine „Wirklichkeit“ in Anführungsstrichen, seine eigene Wirklichkeit. Alles Gesagte wird von einem Beobachter gesagt. Jede Person sagt, was sie sagt, hört, was sie hört, fühlt, was sie fühlt, sieht, was sie sieht etc., gemäss ihrer eigenen Struktur-Determiniertheit (biologischen Grundstruktur): Dass etwas gesagt wird, garantiert nicht, dass es auch so gehört wird. Folglich existieren unendlich viele, ebenso gültige (wirkliche), wenn auch nicht gleichermassen wünschenswerte Welten. Könnte es sein – immer vorausgesetzt ein Mensch vermag dies anzunehmen – dass er dann nicht mehr nach einer absoluten Wahrheit zu suchen braucht und die Kämpfe um das Rechthaben-Wollen beenden kann?

Sprache beeinflusst tiefgreifend, was wir denken und tun. Sprache verändert alles. Nichts hat grössere Wichtigkeit für uns, als wie Ereignisse versprachlicht werden. Maturana legt dar, dass Sprache verletzt: „Es kann genauso wirkungsvoll sein, Menschen mit Sprache zu schlagen wie mit einem Knüppel. Die Einengung, die bestimmte Formen des ‚Versprachlichens’ erzwingen, können genauso gewaltig sein, wie Stahlbetonwände. Worte verändern die Struktur von Menschen und ihrem Leben genauso sicher, wie Gewehrkugeln. Worte hätten jedoch nicht solche Kraft, wären sie nicht so vollständig in das Gefüge unserer Existenz eingewoben.“[2] Nach Maturana scheinen Worte und Symbole für Menschen so grundlegend zu sein wie Klauen und Zähne für die Tiere des Dschungels.

Ohne Sprache gibt es nur das „Jetzt“ – das Leben entfaltet sich von Augenblick zu Augenblick, ohne Selbstbewusstheit oder Bedeutung. Die Sprache ist das Haus in dem wir leben und Bedeutung miteinander erzeugen. Die Mitwelt, die wir wahrzunehmen glauben, ist deshalb eine schöpferische Leistung unseres Gehirns, d.h. eine Erfindung, wie es der Kybernetiker Heinz von Foerster einmal formulierte. Anzuerkennen, dass die Welt das ist, was jeder einzelne Mensch von ihr denkt, birgt ein unglaubliches Potenzial in sich, denn wir erschaffen das Erleben von uns selber, unserer Arbeit, unseren Partnern, Kindern, Eltern, Geschwistern, Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Nachbarn etc. durch unser Denken! Von daher ist es sehr kraftvoll zu wissen, dass wir unser Denken ständig verändern und befähigende Bedeutungen erfinden können.

So haben wir die Wahl, wie wir die Welt und unsere Mitmenschen sehen wollen. Zum Beispiel

  • uns selber als vollständige, statt minderwertige Menschen,
  • unsere Arbeit als Aktivurlaub, gelebte Genialität oder Geschenk, statt Mühsal,
  • unseren Partner als uns verpflichtetes, statt uns kritisierendes Gegenüber,
  • unsere Kinder als aufgeweckt, statt frech,
  • unsere Eltern als besorgt, statt verurteilend,
  • unsere Geschwister als Bereicherung, statt Belastung,
  • unsere Kollegen als Unterstützung, statt Konkurrenz,
  • unsere Vorgesetzten als Förderer, statt Verhinderer,
  • unsere Kunden als Gelegenheit zur Weiterentwicklung, statt Ärgernis und
  • unsere Nachbarn als bunte Abwechslung, statt Störfaktor etc.!

Diesem Konzept folgend könnten wir darauf verzichten, für andere entscheiden zu wollen, was für sie gut oder schlecht, richtig oder falsch, unnütz, krank oder sinnvoll ist. Könnte es sein, dass dieser Respekt andern Menschen und ihren Verhaltensweisen gegenüber vermutlich sowohl einen angenehmeren als auch gewinnbringenderen Umgang mit ihnen zu fördern vermag? In Bezug auf menschliche Beziehungen lohnt es sich zudem folgende Gedanken von Maturana im Bewusstsein zu behalten:

„Macht ist Handeln durch Gehorsam. Wer gehorcht, gewährt Macht. Wir gewähren immer Macht, um etwas zu bewahren: Freunde, Dinge, Prestige, Äusserlichkeiten, Leben… – Gehorsam lässt immer Gefühle von Herabsetzung bei dem/derjenigen zurück, der/die gehorcht, was früher oder später zu emotionalem Widerspruch im Bereich der Selbstachtung und infolgedessen zu Leiden führt. Interpersonelle (zwischenmenschliche) Beziehungen, die auf Gehorsam basieren (Machtbeziehungen), sind unweigerlich irritierend und heuchlerisch. Bei derjenigen Person, der man gehorcht, entsteht ein Gefühl von Stolz und die Wahnvorstellung, ein transzendentales Recht auf Gehorsam zu besitzen – Gefühle, die unvermeidlich zu Blindheit für den/die andere/n und zu Missbrauch führen. Beziehungen, die auf Macht (Gehorsam) gegründet sind, sind ihrem Wesen nach instabil und voller Misstrauen. – In Beziehungen, die auf Liebe gegründet sind, d.h. auf der Anerkennung der Existenz des/der anderen neben einem selbst, taucht die Frage der Macht nicht auf. – Machtbeziehungen hingegen sind keine sozialen Beziehungen, weil sie immer zur Folge haben, dass sich Untergebene/r und Beherrscher/in als Menschen wechselseitig negieren (entwerten).“

Wir haben als menschliche Wesen nur die Welt, die wir zusammen mit anderen hervorbringen, ob wir die andern mögen oder nicht. Ohne Liebe, ohne dass wir andere annehmen und neben uns leben lassen, gibt es keinen sozialen Prozess, keine Sozialisation und damit keine Menschlichkeit.

Persönlich unterscheide ich die Begriffe „Selbstvertrauen“ und „Selbstwert“ aufgrund meiner eigenen 64-jährigen Lebenserfahrungen und jahrzehntelangen Beobachtungen als psychologischer Coach und Berater folgendermassen:

Für die Entstehung des Selbstwertes erscheint es mir entscheidend zu sein, was uns als Kind von unseren wichtigsten Bezugspersonen vermittelt wurde. Besonderes förderlich für ein tragendes und angemessenes (im Gegensatz zu einem übertriebenen) Selbstwertgefühl ist nach meiner Einschätzung, dass ein Kind um seiner selbst willen geliebt und gewürdigt ist ohne das Kind zu überhöhen, in dem jede Handlung mit Superlativen kommentiert wird. Letzteres führt nicht selten zu einem krankhaften Narzissmus, bei dem vor lauter Selbstgefälligkeit und Grössenfantasien jegliches Mitgefühl mit anderen Menschen fehlt. Die Wurzeln der Bewusstwerdung des Selbstwertes werden somit durch die nahen Bezugspersonen in der Kindheit gelegt. Dies schliesst nicht aus, dass auch später noch Menschen den Selbstwert einer Person fördern können, wenn sie dieser mit echter Wertschätzung begegnen. Gerade in der SKEMA wird den Trainierenden jeden Alters viel Wertschätzung entgegengebracht (u.a. weil jeder den anderen als Abay / Freund sieht und begrüsst). Zudem ist innerhalb der SKEMA Wettbewerb und Konkurrenzdenken fremd und wird konsequenter Weise auf Wettkämpfe verzichtet. Allerdings führt meines Erachtens ein gutes Selbstwertgefühl nicht automatisch dazu, dass jemand gleichzeitig auch voller Selbstvertrauen ausgestattet ist, wenn es darum geht eine bestimmte Herausforderung zu wagen. So kann sich ein Mensch seines Selbstwertes zwar sehr wohl bewusst sein, vertraut deswegen jedoch nicht zwingend auch darauf, dass er über die notwendigen Fähigkeiten verfügt, um eine bestimmte Aufgabe zu meistern.

Beispielsweise ist ein guter Mathematiker ohne intensive Übungsmöglichkeit nicht auch ein guter Skirennfahrer, eine mehrsprachige Person ohne jahrelanges Training ein virtuoser Musiker, ein exzellenter Akrobat ohne ausreichende Lern- und Betätigungsmöglichkeiten ein hervorragender Schriftsteller und eine kompetente Expertin in einem bestimmten Berufsfeld aufgrund dieser beruflichen Qualifikation ist nicht zwangsläufig in der Lage, sich ohne kontinuierliches Training wirksam körperlich verteidigen zu können, wenn sie gewaltsam angegriffen wird. Deswegen ist davon auszugehen, dass das Einüben einer Fähigkeit Selbstsicherheit schaffen und zur Überzeugung führen kann, einer bestimmten Aufgabe gewachsen zu sein. Alain Sutter, der frühere Instinktfussballer und Fussballinternationale sowie Coach und aktueller Sportchef des FC St. Gallen vertritt nach meinem Verständnis seiner in einem persönlichen Gespräch mir gegenüber geäusserten Aussagen die Auffassung, dass dann von Selbst-Vertrauen gesprochen werden kann, wenn jemand sich selbst vertraut und deswegen aus einer verinnerlichten Selbstsicherheit und der damit verbundenen Freude – anstatt aus Erfolgsdruck – heraus erfolgreich agieren kann/wird. Wenn ein Mensch über bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügt, wird er sich deswegen trotzdem nicht auch automatisch als jemand betrachten und erleben, der mit einem grundsätzlichen und unerschütterlichen Selbstwert ausgestattet ist. Es ist sogar möglich, dass es einer Person massiv an Selbstwert fehlen kann und sie in Teilaspekten des Lebens dennoch fähig ist sehr effektiv handeln zu können.

So gibt es beispielsweise Akademiker/-innen und Manger/-innen, die beruflich sehr erfolgreich wirken können, deren Selbstwert jedoch völlig im Keller ist. So sagte mir vor vielen Jahren ein erfolgreicher Manager, gut aussehend, teuer gekleidet und mit Gardemassen, verheiratet mit einer tollen und schönen Frau sowie gesegnet mit wunderbaren Kindern, dass er sich als letzter Dreck fühlt. Im Coaching vertraute er mir an, dass er von seinem Vater als 4-jähriger Junge anal vergewaltigt wurde. Ein Akademiker wiederum, der in New York grosse berufliche Erfolge feiern konnte, gab mir zu verstehen, dass er sich ungeachtet dessen für ein unfähiger «Niemand» hält. Die Wurzel dieses Gefühls wertlos zu sein begründete sich in der Tatsache, dass sein Vater, der früher bei der Rhätischen Bahn als Rangierarbeiter tätig war, ihm als Kind immer wieder Folgendes an den Kopf warf, wenn er über ihn verärgert war, weil er etwas nicht konnte oder falsch machte: „Du kannst nichts, bist nichts und wirst nichts!“ Handkehrum kann kompetentes und erfolgreiches Handeln jedoch das eigene Selbstwert-Gefühl durchaus fördern. Dasselbe gilt für Erinnerungen an frühere Erfolge, die lange nicht mehr bewusst waren.

Selbstverständlich gibt es aber auch Menschen, die ein übersteigertes Selbstvertrauen an den Tag legen und ihre Fähigkeiten nicht nüchtern einschätzen können. Solches zeigt sich immer mal wieder in Casting Shows, bei denen die grössten Talente bzw. Superstars gesucht werden und jemand etwas vorzeigt, was alles andere als von Talent und Fertigkeit zeugt, z.B. einen Song vorträgt und dabei keinen Ton trifft, jedoch überzeugt davon ist, über das absolute Zeug zum Superstar zu verfügen. Handkehrum gibt es Kandidat/-innen, die sehr schüchtern und scheinbar ohne das nötige Selbstvertrauen auf die Bühne treten und danach die Jury und das Publikum von den Sitzen reissen mit ihrer künstlerischen Darbietung bzw. dem gesanglichen Talent!

Abschliessend weise ich noch einmal darauf hin, dass ein gesunder Selbstwert in erster Linie in der frühen Kindheit durch die wichtigen Bezugspersonen gefördert werden kann, wenn ein Kind um seiner selbst willen geliebt und gewürdigt ist, ohne dass dabei seine Handlungen und Leistungen überhöht werden. Wenn Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen dieser Selbstwert abgeht, sollen spätere Pädagogen/-innen, Lehrmeister/-innen und Vorgesetzte sowie Trainer/-innen (u.a. SKEMA Schulleiter/-innen und Instruktor/-innen) ihr Hauptaugenmerk darauf legen, die ihnen anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen durch die Art, wie sie diesen gewisse Fertigkeiten vermitteln, darin zu befähigen, dass diese Selbstsicherheit und in der Folge Selbstvertrauen, d.h. vertrauen in sich selbst, mit der Zeit entwickeln können. Gepaart mit der entsprechenden Wertschätzung für die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen, egal ob mit mehr oder weniger Talent ausgestattet, kann dies hoffentlich auch das Selbstwertgefühl der angeleiteten Menschen steigern, vor allem weil die eingeübten Fähigkeiten zu Erfolgserlebnissen führen können!

Es freut mich, wenn ich mit meinen Ausführungen dazu anregen kann, damit sich jeder einzelne Mensch dazu eingeladen fühlt, seinen Beitrag zur Förderung des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens zu leisten bei den ihm anvertrauten Menschen. Wir können andere Menschen lediglich anregen/anstossen, jedoch nicht kausal bestimmen, denn Menschen sind in sich geschlossene und selbststeuernde Wesen (Maturana) und werden das in sich aufnehmen, was für sie passend erscheint. Ein Schlüssel passt ins Schlüsselloch oder er passt nicht, weil das Schlüsselloch darüber entscheidet.


[1] Paul F. Dell war Direktor des Family Therapy Institute in Virgina Beach und Associate Professor für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften an der Eastern Virgina Medical School

[2] Schon bei Philosophen wie Platon, Kant, Heidegger, Wittgenstein usw. oder Naturwissenschaftern, wie Einstein und Heisenberg finden sich Entsprechungen an diese konstruktivistische Sichtweise.

[3] Efran, Lukens, Lukens: „Sprache Struktur und Wandel“. S. 59, Band 7 systemische Studien, verlag modernes lernen – Dortmund

[4] Schon bei Philosophen wie Platon, Kant, Heidegger, Wittgenstein usw. oder Naturwissenschaftern, wie Einstein und Heisenberg finden sich Entsprechungen an diese konstruktivistische Sichtweise.

Selbstverteidigung nach der angewandten «Skema-Methode»

Das Kung Fu-Training (zur Befähigung der eigenen Selbstverteidigung) beginnt mit spezifischen Körper- und Atemübungen, um den einseitigen Berufs- und Alltagsbelastungen entgegen zu wirken. Im Alltag mangelt es uns zusätzlich an Gelenksbewegungen über den vollen Bewegungsumfang, welche unsere körperliche Mobilität zunehmend einschränkt. Zudem werden durch Atem- und Muskelentspannungstechniken die Selbstwahrnehmung optimiert und Stress abgebaut.

Ein technischer Kräftigungsteil regt den Herzkreislauf an und stärkt die tiefliegende Haltemuskulatur. Zugleich werden gezielt jene Muskeln entwickelt, welche den Alltag erleichtern und zur effektiven Selbstverteidigung notwendig sind.

Die Basis der Selbstverteidigung nach der Skema-Methode bilden die drei Formen aus dem Wing Chun System. Nach dem „mechanischen“ Erlernen der Techniken und der Körperstatik wird das Empfinden für die biomechanischen Abläufe im Körper eingestellt und die blitzschnellen sensomotorischen Reflexe, welche direkt über das Rückenmark beantwortet werden, geschult. So wie sich das Hören und Riechen eines blinden Menschen um ein x-faches verfeinern kann, entwickelt der Kung Fu-Praktizierende eine ausgeprägte Sensorik im ganzen Körper. Jedes Körperteil kann im Kampf eingesetzt werden, wenn dazu ein Gefühl und eine Kontrolle entwickelt wurde.

So wie die Balance beim Fahrradfahren stellt sich durch das intensive Partnertraining ein Gefühl für einen Angriff ein. Entgegen dem abgestuftem Körper des Kampfsportlers reagiert man im Kung Fu auf Druck- und Zugkräfte mittels einer geschärften Sensorik. Somit ist es das gegenteilige von blinder Gewalt. Es braucht viel mehr einen Körper, der mit seiner Umwelt in Beziehung steht, da die Gefahr auf der Strasse unmittelbar erfühlt werden muss, während im Ring klare und faire Bedingungen wie Geschlecht, Alter, Regeln etc. gelten. Eine «Massen-Keilerei» bedingt eine gänzlich andere Wahrnehmung. Solche Situationen werden praktisch geschult. Mit zunehmendem Training wird die Wahrnehmung seines Selbst und der Umwelt verfeinert.

Die SKEMA Kampfkunstakademie verfolgt das Prinzip der stetigen Wandlung. So mussten sich früher Menschen unteranderem gegen wilde Tiere verteidigen. Dies ist in der modernen Zivilisation zum Glück nicht mehr der Fall. Heutzutage ist der Mensch mit Stress und psychischen Ängsten konfrontiert. Da ein Kampfkünstler aus der Not durch die Konfrontation im Kampf um Leben und Tot gelernt hat mit Angst und Stress umzugehen, hat er Wege und Systeme zum Umgang mit diesen Symptomen entwickelt, welche sich auf die heutigen Herausforderungen im Alltag übertragen lassen – Kampfkunst im täglichen Leben!

Text von Marcel Haas 11.09.2020 (dipl. Skema-Instruktor und Schulleiter Skema-Kampfkunstschule St. Gallen Ost, med. Masseur mit eidg. FA, dipl. Kieser Instruktor SAFS).